Katastrophe in Papua-Neuginea: Große Angst vor neuen Erdrutschen

Während Menschen in Papua-Neuginea trotz Gefahren nach Verschütteten graben, mobilisiert die Opposition ein Misstrauensvotum gegen den Premier.

Überlebende Bewohner sind entsetzt nach dem Erdrutsch in ihrem Dorf Yambali

Die Tragödie geht weiter Foto: Juho Valta/UNDP/dpa

BERLIN taz | Papua-Neuguineas Regierung hat nach dem verheerenden Erdrutsch vom Freitag Tausende Menschen aufgefordert, die gefährdete Region in einem abgelegenen Teil des zentralen Hochlandes zu verlassen. Es seien weitere Erdrutsche zu erwarten, sagte der Vorsitzende des Katastrophenkomitees der Provinz Enga, Sandis Tsaka, am Dienstag.

Während Menschen nach Verschütteten graben, komme es immer wieder zu Abgängen von Erdmassen. „Die Tragödie entfaltet sich weiter“, sagte Tsaka laut afp. „Stündlich kann man Felsen brechen hören, es klingt wie Bomben oder Schüsse.“

Sandis Tsaka, Katastrophenschützer in Enga

„Stündlich kann man Felsen brechen hören“

Das Trümmerfeld sei durch Regen und die zwischen Boden und Trümmern eingeschlossenen Bäche noch instabiler geworden, sagte Serhan Aktoprak, der Leiter der Mission der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in dem südpazifischen Inselstaat. Laut IOM seien die meisten Trinkwasserquellen im Katastrophengebiet unzugänglich.

In der rund 8,5 Hektar großen Zone des Erdrutsches und angrenzenden Gebieten rund 600 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Port Moresby wurde der Notstand verhängt. Dort leben 4.500 bis 8.000 Menschen. Nicht alle seien von den Evakuierungen betroffen, sagte Tsaka.

Bis zu 7.800 Menschen sollen Katastrophengebiet verlassen

Laut UN müssten 7.800 Menschen dringend evakuiert oder in andere Gebiete umgesiedelt werden. 42 Prozent davon seien jünger als 16 Jahre. Überlebende bräuchten dringend sauberes Wasser, Lebensmittel, Kleidung, Unterkünfte, Medikamente und psychologische Hilfe.

Doch Evakuierungen gestalten sich schwierig. Das unwegsame Gelände und der Kollaps einer Brücke zwischen den Provinzen Enga und Western Highlands erschweren den Zugang. Schweres Räumgerät und Hilfsgüter kommen kaum voran. Wegen Stammesunruhen in der Region sei zudem das Militär gezwungen, Hilfskonvois zu eskortieren, sagte Tsaka.

Felsbrocken, Erde und zersplitterte Bäume waren Freitagmorgen gegen 3 Uhr beim Einsturz eines Berghangs über das Dorf Yambali hinweggefegt und hatten mindestens 150 Häuser samt Bewohnern zum Teil meterhoch begraben.

IOM schätzt die Zahl der Toten weiter auf 670, die Regierung von Premier James Marape vermutet dagegen in einem Schreiben an die Vereinten Nationen, dass mehr als 2.000 Menschen lebendig begraben wurden. Die Chancen, noch Überlebende zu finden, tendieren inzwischen gegen null.

Bisher wurden nur sehr wenige Leichen geborgen

Bislang wurden erst sehr wenige Leichen geborgen. So wurden am Dienstag sechs Todesopfer aus den Geröllmassen gezogen. „Es wird aber erwartet, dass die Zahl im Zuge der anhaltenden Bergungsarbeiten steigen wird, die trotz der instabilen Bedingungen weiter durchgeführt werden“, teilten die Vereinten Nationen mit.

Die Katastrophe hat auch politische Folgen. Premierminister James Marape droht ein Misstrauensvotum. Die Opposition hat Rainbo Paita, der als Finanzminister kürzlich mit anderen Ministern aus Marapes Kabinett ausgetreten war, als seinen Nachfolger nominiert. Das Parlament kam erst am Dienstag nach dreimonatiger Pause kurz wieder zusammen.

Für Mittwoch ist eine weitere Sitzung geplant. Marape behauptete, 6 der 18 zuvor aus der Fraktion seiner Pangu-Partei ausgetretenen Abgeordneten seien inzwischen wieder zurückgekehrt. Er hatte erst im Februar nach gewaltsamen Unruhen ein Misstrauensvotum abwenden können. Er regiert das Land seit 2019 und war 2022 wiedergewählt worden.

(mit Agenturen)

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