Auferstanden aus dem Brachland

Die Fußballerinnen von Union Berlin stehen vor dem Aufstieg in die Zweite Liga. Der Etat ist schon erstklassig

Union bezwingt Hertha vor großer Kulisse Foto: imago

Von Fridolin Haagen

In Köpenicker Dönerläden künden seit Tagen schon Plakate vom wichtigsten Heimspiel der Saison. Die Fußballerinnen von Union Berlin haben sich diese Präsenz im Straßenbild auf imposante Weise erarbeitet. Darauf angesprochen, berichtet Cheftrainerin Ailien Poese, dass sie im Viertel immer wieder erkannt wird und ihr ein „Eisern“ entgegengerufen wird.

Die Union-Frauen stehen vor der Krönung einer perfekten Saison. 22 Spiele, 22 Siege, 145:5 Tore. Es gab in der ganzen Saison nur 3 bis 4 Spiele, die keine Kantersiege waren, der deutlichste Erfolg war ein 15:0. Normalerweise müsste an dieser Stelle der alternativlose Aufstieg in die 2. Bundesliga stehen, wären da nicht die lästigen Relegationsspiele und der SV Henstedt-Ulzburg. Das ist immerhin das erfolgreichste Frauenfußballteam in Schleswig-Holstein, auch wenn die Resonanz des Anhangs ausbaufähig ist. Der Youtube-Account hat fünf Abos. Wie stark der Kader im Vergleich zu dem der Unionerinnen ist und ob die Regionalliga Nord grundsätzlich mit der Nordost-Staffel mithalten kann, lässt sich schwer sagen. Henstedt-Ulzburg fuhr keine astronomische Ergebnisse wie Union ein, doch die letzten Meisterinnen aus dem Norden (HSV) setzten sich in den letzten Relegationsspielen 2022/23 gegen Viktoria Berlin durch und konnten fast den kompletten Durchmarsch in die 1. Bundesliga klarmachen.

Unstrittig ist, dass bei Union ganz andere Rahmenbedingungen herrschen als bei Henstedt. Die Unionerinnen sind seit dieser Saison alle Profis. Die Trainingszeiten müssen nicht nach anderen Jobs ausgerichtet werden. Es wird auch vormittags trainiert. Die Kapitänin Lisa Heiseler hat etwa gerade ihre Ausbildung als Physiotherapeutin beendet. Nun, erzählt sie, konzentriere sie sich komplett auf den Fußball. Die Weichen dafür wurden auf der Mitgliederversammlung 2022 gestellt. In dieser Saison hatte Union bereits einen Erstliga-Etat im unteren Bereich. Das erzählte Managerin Jennifer Zietz dem RBB. Damit dürften die Ausgaben in der Höhe von einer Million Euro liegen. Den Posten einer Managerin gab es bei Turbine Potsdam, nicht einmal in der erfolgreichen Zeit. Zietz wurde mit Turbine sechsmal Deutscher Meister.

Bei Union hat sie auch den Juniorinnenbereich neu aufgestellt. Die U17, U15 und U13 misst sich nun mit den männlichen Jugendspielern, um das vorhandene Talent besser zu fördern. Trainerin Ailien Poese, schon 1998 als Spielerin im Verein, Unionerin durch und durch, berichtet von der Anerkennung im Verein und erzählt, dass der immerhin 13-köpfige Staff auf dem Vereinsgelände immer wieder auf seine Arbeit angesprochen werde. Über 11.000 Zuschauende werden am Sonntag um 14 Uhr für das Hinspiel an der Alten Försterei erwartet, das Rückspiel ist eine Woche später auswärts. Kapitänin Lisa Heiseler erzählte in der Medienrunde vor der Partie, dass es mittlerweile sogar eine Fangemeinde von 20 bis 30 Leuten gibt, die die Mannschaft zu den Auswärtsspielen begleiten.

Durch einen Aufstieg würde Union endgültig das Zepter in die Hand nehmen, wenn es um die Nummer 1 der Stadt geht. Hertha BSC hat einen kleinen Irrweg hinter sich und hat viele Umwege und Abbiegungen in Sachen Frauenabteilung gemacht, schlussendlich wurde die Frauenmannschaft von Hertha 03 Zehlendorf in den Verein eingegliedert. Doch anders als bei den Männern ist Hertha nicht der erste Konkurrent von Union, sondern Viktoria Berlin. Sie agieren nach dem Vorbild von Angel City FC, einem von Investorinnen und Investoren getragenen Verein, bei dem die Frauen das Sagen haben.

Berlin, sagt Poese im Rückblick, sei lange „Brachland“ in Sachen Frauenfußball gewesen. Daran konnte Viktoria 2021 noch nichts ändern und scheiterte in den Relegationsspielen um den Aufstieg an Henstedt-Ulzburg. Union wird voraussichtlich nicht das gleiche Schicksal treffen, die Köpenickerinnen gehen als klare Favoritinnen in die beiden entscheidenden Spiele. Der Vorteil der Querfinanzierung durch die Männerabteilung ist einfach zu groß.