Teslas Motor stottert

Um die Werkserweiterung zu ermöglichen, will Brandenburg Millionen investieren. Doch die Probleme des Autobauers häufen sich. Verbände klagen und das Wasser bleibt knapp

Minister Rainer Genilke und Tesla-Werkschef André Thierig Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Von Jonas Wahmkow
und Kai Liesegang

Handshakes, lächelnde Gesichter, markige Statements. Betrachtet man das Ergebnis desPressetermins von Brandenburgs Infrastrukturminister Rainer Genilke (CDU) im Tesla-Werk in Grünheide am Montag, so scheint beim Elektroautobauer alles in Ordnung zu sein. „Der Um- und Ausbau der Verkehrswege rund um das Tesla-Werk kommt planmäßig und zügig voran“, sagte Genilke in einer Mitteilung. Nebenbei kündigt der Minister Investitionen in Millionenhöhe an, damit das Straßennetz mit Teslas Expan­sions­plänen mithalten kann.

Doch ob die Werkserweiterung tatsächlich kommt, ist längst nicht so sicher, wie der Auftritt von Genilke und Werksleiter André Thierig glauben macht. Ungeachtet des politischen Rückenwinds häufen sich die Probleme für Tesla. Am Dienstag kündigte das Unternehmen an, das Grünheider Werk an fünf Tagen im Juni stillzulegen. Tesla begründete den Schritt damit, Produktionsprozesse optimieren zu wollen. Schon im Februar war es zu einem zweiwöchigen Produktionsstopp gekommen, der damals mit Lieferkettenproblemen infolge der Huthi-Angriffe im Roten Meer begründet wurde.

Doch Ex­per­t:in­nen vermuten schon länger, dass hinter den Produktionsstopps Absatzschwierigkeiten stecken könnten. Im ersten Quartal verzeichnete Tesla zum ersten Mal einen deutlichen Absatzrückgang von 9 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr brach die Aktie um die Hälfte ein, weltweit kündigte Tesla an, 10 Prozent der Belegschaft zu entlassen. In Grünheide fiel die Personalreduktion weniger drastisch aus, trotzdem mussten 400 Leih­ar­bei­te­r:in­nen gehen.

Ungeachtet der wirtschaftlichen Probleme hält Tesla an den Erweiterungsplänen fest. Derzeit werden pro Jahr rund 250.000 Autos von 12.000 Mit­ar­bei­te­r:in­nen in Grünheide hergestellt. Tesla will seine Produktion auf eine Million Autos pro Jahr vervierfachen, dazu sollen bis zu 40.000 Ar­bei­te­r:in­nen in dem Werk schuften.

Um den logistischen Mehraufwand zu wuppen, benötigt das Unternehmen einen Güterbahnhof und zusätzliche Lagerflächen – ebendies wurde mit dem Beschluss des umstrittenen Bebauungsplans Nummer 60 durch den Gemeinderat vor drei Wochen ermöglicht. Nachdem sich eine eindeutige Mehrheit von 62 Prozent der Anwohnenden gegen den ursprünglichen Bebauungsplan ausgesprochen hatten, ­schlugen Tesla und die Gemeinde einen Kompromiss vor: Demnach sollte mit 50 Hektar nur noch die Hälfte der Fläche gerodet werden, ein Waldstück, umrahmt von Schienen und dem Werksgelände, soll ausgespart werden.

Neben dem geplanten Güterbahnhof und den Logistikflächen plant das Land umfassende Baumaßnahmen im Straßennetz. Rund 200 Millionen Euro investiert das Land Brandenburg für den Ausbau der umliegenden Landesstraßen und Autobahnzubringer. Allein die Anschlussstelle Freienbrink-Nord wird voraussichtlich 255 Millionen Euro verschlingen, die allerdings der Bund zur Hälfte bezuschusst. Tesla hingegen hat bislang nur 12 Millionen in den Ausbau eines Teilstücks der L 38 investiert.

Zudem soll der Bahnhof Fangschleuse vorverlegt werden, um näher am Werk zu sein. Die Deutsche Bahn teilte der taz zur weiteren Planung mit: „Voraussichtlich Ende 2024 wird mit der Baugenehmigung gerechnet. Anfang 2025 beginnen die Bauarbeiten. Für Ende 2026 ist die Inbetriebnahme des neuen Güter- und Personenbahnhofs Fangschleuse vorgesehen.“

Wenigstens aufseiten der Landespolitik scheint es keine Zweifel zu geben, ob der millio­nenschwere Infrastrukturausbau tatsächlich nötig ist. Der geplante Verkauf der noch im Eigentum der Brandenburger Forsten befindlichen Waldflächen wird im Parlament vermutlich auf wenig Widerstand stoßen. Rein rechnerisch könnte Stimmen der Linken, Grünen, Freien Wähler und AfD den Verkauf noch stoppen; dass dieses Szenario eintritt, ist allerdings unwahrscheinlich. „Eigentlich versuchen wir immer die Rodung von Wald zu verhindern“, sagt Isabell Hiekel, umweltpolitische Sprecherin der Grünen, „Aber wenn Fläche für die erforderliche Schienenanbindung gebraucht wird, dann stimmen wir einem Verkauf zu.“

Doch auch der größte politische Rückenwind kann hydrologische Gegebenheiten nicht einfach ignorieren: Die Frage, ob in der dürregeplagten Region die Wasserversorgung für die Riesenfabrik ausreicht, ist weiter ungeklärt. Das zeigen zwei Klagen gegen das Brandenburger Landesamt für Umwelt (LfU), über die die Märkische Oderzeitung am Dienstag berichtete.

Konkret geht es um die Erhöhung der Grundwasserfördermengen, die das LfU dem Wasserverband Strausberg-Erkner 2020 zusagte. 3,8 statt 2,5 Millionen Kubikmeter durfte der WSE nun jährlich aus dem Boden pumpen, um Tesla versorgen zu können. Allerdings hielt die Behörde es nicht für nötig, die Umweltverbände und andere Dritte über mögliche Auswirkungen zu befragen. Dagegen klagten die Grüne Liga und der Nabu und bekamen 2022 recht – die Beteiligung musste nachgeholt werden. An der Erhöhung der Fördermenge rüttelte das Gericht allerdings nicht.

Im Zuge der Beteiligung kam heraus, dass die erhöhte Wasserentnahme dazu führte, dass die Schleuse im nahegelegenen Woltersdorf im Sommer aufgrund niedriger Wasserstände mehrere Wochen schließen musste. Um einer weiteren Klage vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Spree-Havel zu entgehen, führte das LfU nachträglich eine tägliche Höchst­entnahme Menge von 20.000 Kubikmetern pro Tag ein.

„Man sieht,

wie das Grundwasser sinkt“

Michael Ganschow, Grüne Liga

Gegen den Änderungsbescheid legten sowohl der WSE als auch die Umweltverbände Klage ein. Der WSE moniert gegenüber der MOZ, dass ein tägliches Limit gar nicht umsetzbar sei, da man den Verbrauchern nicht einfach den Hahn abdrehen könne.

Die Umweltverbände erzürnt, dass sie auch beim Änderungsbescheid wieder nicht befragt worden seien. „Uns geht es um die Frage, ob die Grundwasserversorgung durch die erhöhten Fördermengen überdehnt werden“, sagt Michael Ganschow von der Grünen Liga Brandenburg. Um die Frage zu klären, gebe es viele Faktoren zu berücksichtigen, diese werden aber „den politischen Gegebenheiten untergeordnet“.

Denn eigentlich dürfe in der Regel nur so viel Wasser entnommen werden, wie auch wieder nachsickert. „Man sieht, dass die Grundwasserstände sinken“, zweifelt Ganschow. Ein Erfolg vor Gericht könnte die Wasserversorgung des Werks ernsthaft gefährden.