Novak Đoković verlässt French Open: Die nächste Götterdämmerung

Novak Đoković, 37, muss wegen einer Verletzung auf das Viertelfinale der French Open verzichten. Ist dies der Abschied einer weiteren Tennisgröße?

Đoković liegt mit ausgestreckten Armen und Beinen bäuchlings auf dem Sandboden

Gegen Francisco Cerúndolo stand Đoković noch einmal auf und gewann. Jetzt muss der Serbe pausieren Foto: Christophe Ena/ap

Es war am Dienstag um kurz vor 17 Uhr, als die Zeit bei den French Open für einen kurzen Moment stillstand. Die Veranstalter des zweiten Grand-Slam-Turniers des Jahres hatten per Pressemitteilung verkündet, dass Novak Đoković wegen eines Einrisses seines Innenmeniskus im Knie das Turnier nicht würde weiterspielen können. Kurz darauf bestätigte der Serbe dies über seine Social-Media-Kanäle.

Es ist ein Schock für das Turnier im Stade de Roland Garros. Nach Rafael Nadal, der sich bereits nach der ersten Runde aus Paris verabschiedet hatte, streicht nun auch der letzte Verbliebene aus der Ära der Großen Drei die Segel. Und es ist nicht ganz klar, ob der 37-Jährige überhaupt noch mal wiederkommen wird zu diesem Sandplatzklassiker.

Für Đoković wird es jetzt schwer, dranzubleiben. Comebacks mit 37 Jahren werden nicht einfacher

Man muss sich das mal vorstellen: Dieses Mal wird bei den French Open erstmals seit 2004 weder Roger Federer, der seine Karriere vor zwei Jahren beendet hat, noch Nadal, noch Đoković im Finale stehen. Die Götterdämmerung im Männer-Tennis schreitet mit großen Schritten voran. Dazu passt: Ab der kommenden Woche wird Đoković nach 427 (!) Wochen an der Spitze der Männer-Weltrangliste auch nicht mehr auf diesem Tennis-Thron, der für ihn über die Jahre ein gemütlicher Fernsehsessel geworden ist, sitzen.

Jannik Sinner, der forsche und höchst talentierte Italiener wird die Spitzenposition übernehmen. Der 22-Jährige rauscht bisher in Paris durch das Turnier. Genau wie Carlos Alcaraz, 21, den viele wegen seiner kraftvollen Spielweise mit Nadal vergleichen. Den beiden gehört nicht nur die Zukunft im Tennis, sie sind auch jetzt schon die Gegenwart. Für Đoković wird es jetzt schwer, dranzubleiben. Comebacks mit 37 werden nicht einfacher.

Seltsam einsilbige Auftritte

Es waren merkwürdige Tage von Đoković bei diesen French Open. Der Serbe wirkte bei seinen wenigen Presserunden seltsam einsilbig, seine langen Monologe fanden dieses Mal nicht statt. Er erklärt ja gerne mal den Menschen das Leben. Vielen Medienleuten hier in Paris sind die ersten Auftritte von Đoković zu Beginn der vergangenen Woche noch gut in Erinnerung. Đoković wirkte sperrig, fast schon beleidigt. Daran änderten auch seine beiden Dreisatzsiege zum Auftakt gegen Pierre-Hugues Herbert und Roberto Carballés Baena nichts.

Der Weltranglistenerste schien sich, das war der Eindruck, selber nicht so recht über den Weg zu trauen. Nach seinem Sieg in der ersten Runde gewährte er diesbezüglich einen kleinen Einblick in sein Inneres. Er ließ durchblicken, dass 2024 abseits der Tennisplätze sich manches zugetragen hat, was sein Tennis beeinflusst hatte. „Es geht um verschiedene Dinge, die in den letzten Monaten passiert sind, aber ich möchte nicht näher darauf eingehen. Ich hoffe, Sie verstehen das. Ich möchte nur nicht die Büchse der Pandora öffnen und über Dinge reden. Ich versuche einfach, mich auf das zu konzentrieren, was getan werden muss“, sagte er.

Was passiert sei, sei passiert. „Es ist Vergangenheit. Es ist etwas, das ich nicht mehr beeinflussen kann, aber ich kann lernen, bestimmte Dinge zu korrigieren und die Dinge richtigzustellen, die falsch sind und wirklich nicht dem Zweck meiner höchsten Leistungsstufe dienen.“

Im Kampf gegen das Alter

Man kennt das von Đoković, an schlechten Tagen bleibt er vorzugsweise im Nebulösen. Er lässt die Leute im Unklaren. Es gibt Kritiker, die ihm das als Taktik auslegen. Genauso wie manche Verhaltensweisen auf dem Court. Seine Klasse ist immer noch unbestritten. Sowohl gegen Lorenzo Musetti als auch gegen Francisco Cerúndolo im Achtelfinale verwandelte Đoković jeweils 1:2-Satzrückstände in glorreiche Fünfsatzsiege. Beide Matches waren kräftezehrend, gingen weit über vier Stunden.

Im Spiel gegen Cerúndolo zog er sich dann die Verletzung zu. Đoković rutschte mehrfach aus, er humpelte und musste sich noch auf dem Platz behandeln lassen. Da dachten schon wieder viele seiner Kritiker, es sei lediglich ein Kniff. Auch weil er nach der Einnahme von Schmerzmitteln wenig später wieder ganz der Alte war und sogar einen Punkt per Spagat-Schlag erzielte.

Aber die Verletzung war doch real. Und jetzt trifft etwas fast Tragisches für Đoković ein: Er, der 24-fache Grand-Slam-Sieger, wird in den nächsten Wochen nicht Tennis spielen können. Im Kampf gegen das Altern verliert er wichtige Zeit. Zeit, die der vom Erfolg Besessene eigentlich nicht mehr hat.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.