Wohnungspolitik in Berlin: Schnelle Kritik an schneller bauen

Der schwarz-rote Senat stellt sich hinter den Gesetzentwurf von Bausenator Christian Gaebler (SPD). Der soll den Wohnungsbau beschleunigen.

Das Bild zeigt Bausenator Christian Gaebler (SPD).

Senator Gaeblers Entwurf für ein Schneller-Bauen-Gesetz stieß Dienstag bei der Grünen-Fraktion auf harte Kritik Foto: Sören Stache/dpa

BERLIN taz | Die Pressekonferenz zu dem Gesetzentwurf, der Berlins Wohnungsbau beschleunigen soll, hatte kaum begonnen, da lag die Kritik der Grünen schon im Mail-Eingang. „Das Schneller-Bauen-Gesetz wird seinem Namen nicht gerecht, mit ihm wird keine Wohnung schneller gebaut“, kritisiert darin Frak­tionschef Werner Graf.

Werner Graf, Grüne

„Der Entwurf wird dem Klimaschutz nicht gerecht“

Bausenator Christian Gaebler (SPD), in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung damit konfrontiert, konterte: „Dann hat Herr Graf das Gesetz offenbar nicht gelesen und ist Opfer seiner eigenen Vorurteile geworden.“ Er bot an, sich mit dem Grünen zusammenzusetzen.

Selten hat es an einem Vorhaben des schwarz-roten Senats schon vor der ersten Parlamentsberatung derart viel Kritik gegeben wie beim Schneller-Bauen-Gesetz. Der Titel klingt zwar so, als komme er von Franziska Giffey, früher als Bundesfamilienministerin verantwortlich für das Gute-Kita- und das Starke-Familien-Gesetz. Gaebler hatte allerdings schon im April Journalisten gegenüber klargemacht: „Erfunden habe ich das.“

Der Umweltverband Nabu etwa hatte Gaebler im März vorgeworfen: „Bausenator will Axt an das Naturschutzrecht legen“. Dessen Vorhaben sei „ein Anschlag auf die Stadtnatur und zudem ein Affront für die Zivilgesellschaft, die sich mit viel Engagement und Fachkompetenz für den Naturschutz einsetzt“. Damals war das, was nun durch Senatsbeschluss ein Gesetzentwurf wurde, noch nicht mal ein offizieller Referentenentwurf. Fast 50 Verbände, von der Wohnungswirtschaft bis zum Naturschutz, versprach Gaeblers Senatsverwaltung zu beteiligen.

Schon im Koalitionsvertrag beschrieben

Die Grundidee dessen, was im September ins Abgeordnetenhaus kommen und nach Gaeblers Vorstellungen dort bis Jahresende beschlossen werden soll, haben CDU und SPD bereits in ihrem Koalitionsvertrag vor einem Jahr beschrieben. „Dabei sollen für einen befristeten Zeitraum Regelungen zu verkürzten Fristen, schnelleren Verfahren, engerer Abstimmung und Verzahnung mit dem Baunebenrecht sowie Flächenprüfungen in den Bezirken beschlossen werden“, heißt es dort.

Konkret bedeutet das das vor allem: Zuständigkeiten klären, Dinge teils zentralisieren und Fristen vorgeben, bis wann etwas bearbeitet oder bewilligt ist.

Betroffen ist auch die Baumschutzverordnung, was besondere Kritik auf sich zieht: Für „bedeutsame Vorhaben des Wohnungsbaus und sozialer Infrastruktur“ – wozu etwa Schulen und Kitas gehören – sollen Bäume gefällt werden dürfen.

„Der Gesetzentwurf wird insbesondere den Herausforderungen beim Klimaschutz nicht gerecht“, kritisiert Grünen-Fraktionschef Graf. „Wer heute Biodiversität vergisst, wird morgen Kieze erhalten, die kaum bewohnbar sind.“ Statt „nur schnell Betonwüsten zu bauen“, sollte sich Berlin an Städten wie Wien oder Kopenhagen orientieren, die von Anfang an alle Herausforderungen in den Blick nähmen.

Verhaltener Optimismus bei Wirtschaftsverbänden

Eine gemeinsame Presseerklärung von sieben führenden Wirtschaftsverbänden ist hingegen vorsichtig optimistisch formuliert: Der Entwurf sei „ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung“. Etwas Skepsis klingt aber auch hier durch, denn weiter heißt es: „Ob das Schneller-Bauen-Gesetz tatsächlich ein Erfolg wird, kann sich erst in der Praxis zeigen.“ Senator Gaebler selbst mochte nicht konkretisieren, wie viele Wohnungen dadurch mehr entstehen könnten. Aber ihm würden viele sagen: „Wenn ihr das jetzt so macht, dann habe ich einen Anreiz.“

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