: Wenn alle die alten Lieder mitgrölen können
Ein Tanz in den Mai in der Kieler Traum GmbH bringt eine Reihe von Erkenntnissen. Erstens: „Ü-30“ ist ein sehr weites Feld. Zweitens: Die meisten Songs altern besser als die meisten Menschen. Drittens: Wer damals in den 70ern und 80ern nicht wusste, wie man sich zur Musik bewegt, hat es seither nicht unbedingt gelernt – aber mit einem klareren Blick auf die eigene Performance wächst die Toleranz gegenüber ungeschickter Mit-Zappelnden. Viertens: Immer wieder erstaunlich ist, wie perfekt das Œuvre von Ärzten bis ZZ Top abgerufen werden kann, zwar nicht unbedingt noten-, aber auf jeden Fall textsicher.
Wie tief Musik im Gedächtnis verwurzelt ist, beschäftigt die Demenzforschung. Experimente zeigen, dass Menschen, die sonst im Vergessen verloren sind, bei den ersten bekannten Tönen anfangen zu tanzen und mitzusingen. Hoffentlich dringt diese Erkenntnis möglichst rasch zu den Pflegenden und den Verwaltungen der Heime durch. Ich sehe ihn vor mir, den Stuhlkreis bei der Gymnastikstunde 2044: Lauter Senior:innen, die die Hände zur Wacken-Gabel krümmen und auf drei losgrölen: „I’m TNT, I’m dynamite …“ Esther Geißlinger
Kiel
Von den ca. 247.700 Einwohner:innen waren bei der jüngsten Zählung im Jahr 2022 rund 4.400 Menschen an Demenz erkrankt. Erwartet werden steigende Zahlen, wenn die Boomer-Jahrgänge in Rente gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen