: Sauber weiterkommen
Es gibt viele Möglichkeiten, in erneuerbare Energien zu investieren. Auch nachhaltige Mobilität bietet interessante Optionen
Von Dierk Jensen
Ohne weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien (EE) wird die Welt wohl nicht zu retten sein. Wer also Geld in den Ausbau von Windenergie, Biogas, Wasserkraft, Solar oder in eine klimaneutrale Mobilität steckt, investiert mit Sicherheit in wachsende Branchen. Im Binnenland, in Europa und auf der ganzen Welt. Daher ist es kein großes Geheimnis, dass die globale Finanzwelt und ihre Anleger große Erwartungen in den Umbau der Energiesysteme, weg vom Erdgas, Erdöl und Kohle, hegen. Dies zeigt sich auch beim Global Clean Energy, einem ETF vom Branchenriesen iShares (BlackRock). Obgleich die Renditen für den populären „erneuerbaren“ ETF, in dessen Portfolio rund 100 Unternehmen aus dem breiten Spektrum der Erneuerbaren, darunter unter anderem auch die Windenergieanlagenhersteller Vestas und Nordex sowie Offshore-Windparkbetreiber Orstedt zu finden sind, trotz aller Verheißungen nicht in Himmel wachsen, weisen sie Renditen auf, die weit über dem liegen, was eine Solargenossenschaft in der Nachbarschaft jährlich wohl ausschütten kann.
Wobei es bei einer Kapitalanlage in ein nachhaltiges EE-Projekt ja nicht nur allein um die Höhe des Gewinns geht, sondern auch um die lenkende Wirkung auf Nachhaltigkeit, Klimapolitik und Gesellschaft. Genau daran fehlt es aber offenbar in der Verkehrswende, die zwar postuliert, aber bislang nicht erfolgreich praktiziert wird. Über Volker Wissing, den freidemokratischen Verkehrsminister, mag jeder denken, wie er will, aber seine vor Kurzem ausgesprochene Drohung, den Straßenverkehr tageweise stillzulegen, zeigte Wirkung. Wissing warnte angesichts der dramatisch großen Verfehlungen der Klimaziele insbesondere im Verkehrssektor, dass man, wenn man die eigenen Ansprüche ernst nehmen will, an einem Fahrverbot für Autos nicht vorbeikäme. Der Aufschrei kam prompt; Wissing wurde Panikmache vorgeworfen: Der Minister solle endlich das Tempolimit auf bundesdeutschen Straßen einführen, damit könnte sofort ein großer Teil zu viel emittierter Klimagase eingespart werden.
Stimmt, allerdings löst dies nicht das strukturelle Problem im komplexen Verkehrssektor. Die Zulassungszahlen der Elektromobile schwächeln, und trotz stagnierender Wirtschaft brummt es auf den Straßen unaufhörlich weiter. „Auch wenn jetzt alle nach Wasserstoff rufen – so schnell geht das nicht. Die Entwicklung braucht Zeit“, sagt beispielsweise Gerd Junker, Geschäftsführer der Grünes Geld GmbH. Diese klaffende Lücke können auch die Biokraftstoffe wie Biodiesel und Ethanol nicht schließen, weil sie als Zwischenlösung in energiepolitische Ungnade gefallen sind. Da bliebe dann nur noch Bio-LNG und Bio-CNG auf der Basis von Biogas.
Letztere Kraftstoffe sind zwar verfügbar, aber eine dezidierte politische Rückendeckung aus Berlin fehlt für die Biogasbranche; zudem gibt es Probleme mit aus China importierter Biomasse, die ein Nachhaltigkeitszertifikat trägt, aber in Wahrheit gar nicht aus nachhaltigen Quellen stammt. Aus Sicht des Präsidenten des Fachverbandes Biogas, Horst Seide, hat dieser Umstand die inländischen Akteure auf dem Markt für Biomethan im Verkehrssektor vorerst ausgebremst; dies sei auch der Grund dafür, dass das Rollout von Bio-CNG respektive Bio-LNG für Pkws und Lkws an den Tankstellen noch stocke, obgleich auch Marktriesen wie Shell mit Investitionen in Nordrhein-Westfalen und in Brandenburg in das nachhaltige Geschäft mit den jetzt schon verfügbaren nachhaltigen Kraftstoffen drängen.
Eines ist klar: Der Klimawandel wartet nicht, und so gilt für den Straßenverkehr: besser heute als morgen die gesteckten Klimaziele erreichen. Wie man als Unternehmen beispielhaft agieren kann, zeigt DHL: Inzwischen setzt der Logistiker rund 450 mit Bio-CNG angetriebene Fahrzeuge in seiner Lieferflotte ein. Wer also eine Aktie von DHL erwirbt, investiert indirekt auch in diese klimaschonende Antriebstechnologie. Auch der Erwerb einer Aktie des Leipziger Unternehmens Verbio AG, die in Ostdeutschland, aber auch Indien und in den USA an verschiedenen Standorten Biomethan erzeugt, unterstützt indirekt die Bemühungen, den Verkehrssektor auch in Deutschland klimafreundlicher als bisher zu gestalten. Zumal nicht zu erkennen ist, dass ein E-Auto-Hersteller wie Tesla tatsächlich die bessere Variante für die Mobilitätswende sei. Ein zu großes Auto bleibt ein zu großes Auto. Es verschwendet Ressourcen, und ein großer elektrischer Motor braucht viele Kilowattstunden, die mit manchmal empfindlichen Eingriffen in Landschaft und Natur durch Windenergie- oder Solaranlagen erzeugt werden müssen.
Gerade der Mobilitätsbereich offenbart dem nachhaltig orientierten Anleger, wie Anspruch und Wirklichkeit doch oft auseinandergehen. Die Sachverhalte sind zumeist komplexer und in sich widersprüchlicher, als simplifizierende Marketing-Tools der Finanzwelt gemeinhin vermitteln. Da hilft der Rückgriff auf elementare Weisheiten: beispielsweise die Abkehr vom überbordenden motorisierten Individualverkehr hin zu Fahrrad, öffentlichem Nahverkehr und Bahn – all das bringt im Sinne der Nachhaltigkeit die größte Rendite. Apropos Bahn: Sie hätte das Potenzial, den CO2-Überhang im deutschen Verkehrssektor erheblich zu reduzieren – wäre da nicht der enorme Infrastrukturstau von Brücken bis zu Gleisen. Es wird noch Jahre dauern, bis spürbarer Fortschritt zu vernehmen ist. So bleiben nachhaltigen Anlegern im Mobilitätssegment vor allem Investitionen in Solar-, Wind-, Biogas-, Wasserkraft- oder Wasserstoffprojekte, die den Treibstoff für E-, CNG- oder Wasserstoff-Autos liefern. Solide, nicht anonym, aber lokal und vielfältig. Nachhaltig eben.
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