Anti-Drogen-Krieg auf den Philippinen: Eine schrecklich blutige Familie
Im Süden der Philippinen startet der Duterte-Clan wieder einen blutigen Krieg gegen die Drogen. Präsident Marcos Jr. geht nur etwas auf Distanz.
Den Worten des Bürgermeisters folgten unmittelbar Taten. In nur 24 Stunden wurden in der Großstadt auf der Insel Mindanao fünf mutmaßliche Dealer von der Polizei erschossen. Viele weitere Morde folgten bis heute, mutmaßlich begangen von der Polizei und den berüchtigten Davao-Todesschwadronen.
Sebastian Duterte habe eine weitere Runde willkürlicher Hinrichtungen durch die Polizei ausgelöst, sagt Bryony Lau, Vize-Asien-Direktorin von Human Rights Watch. „Aber die traurige Realität ist, dass diese Morde nie aufgehört hatten.“
Die Davao-Todesschwadrone waren von Rodrigo Duterte, Davaos Langzeitbürgermeister und Vater des heutigen Amtsinhabers, 2007 ins Leben gerufen worden. Damals rief der Senior mit den gleichen Worten wie jetzt sein Sohn seinen „Drogenkrieg“ aus.
Hunderte Menschen wurden in Davao in den folgenden Jahren umgebracht. Als Rodrigo Duterte im Jahr 2016 Staatspräsident wurde, weitete er den Drogenkrieg auf das ganze Land aus.
Den neuen Drogenkrieg des Sohnes in Davao kann man durchaus als Eingeständnis des Scheiterns der Politik seines Vaters sehen, den massiven Drogenkonsum mit blutiger Gewalt auszumerzen. Seit gut 33 Jahren regieren die Dutertes Davao, ohne dass sich am unbestreitbar existierenden Drogenproblem etwas geändert hat.
Die Kluft wird immer größer
Als Duterte Sr. Präsident wurde, wurde zunächst seine Tochter Sara Bürgermeisterin. Ihr Bruder Paolo wurde Vizebürgermeister, bis er seinen Posten auch wegen Gerüchten über seine Verwicklung im Drogenschmuggel im großen Stil räumen musste.
Als Sara Duterte 2022 zur Vizepräsidentin von Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr., dem Nachfolger ihres Vaters im Präsidentenamt, gewählt wurde, rückte ihr Bruder Sebastian auf den Bürgermeisterstuhl von Davao.
In der bisher rund 20-monatigen Präsidentschaft von Marcos Jr. wurden mehr als 580 Menschen bei Drogenrazzien erschossen. In diesem Jahr waren es bis Mitte März 75.
In einem Drittel der Fälle waren Polizisten die mutmaßlichen Täter. Diese Zahlen stammen aus den monatlich auf X veröffentlichten Daten des Forschungsprojekts Dahas zu Gewalt, Drogenkrieg und Menschenrechten der Universität der Philippinen. Davao sei einer der Hotspots der extralegalen Tötungen.
Zum Vergleich: In der sechsjährigen Amtszeit von Duterte Sr. wurden laut Polizei mehr als 6.400 angebliche Drogenkriminelle auf offener Straße erschossen. Menschenrechtler gehen hingegen von bis zu 30.000 Morden aus, von denen die meisten von Todesschwadronen begangen worden sein sollen.
Die Opfer waren mutmaßliche Drogenkonsumenten oder Kleindealer aus den Armenvierteln, während die großen Drogenbarone und ihre Helfer aus Polizei, Zoll und Behörden weitgehend unbehelligt blieben.
Unter Marcos Jr. wurden von Polizei und Zoll immer wieder große Drogenmengen beschlagnahmt. Zuletzt am Montag dieser Woche 1,4 Tonnen Shabu (Metamphetamine) in der Provinz Batangas.
„Das ist die größte Lieferung Shabu, die hier je beschlagnahmt wurde. Niemand ist gestorben, es gab keine Schießerei, niemand wurde verletzt. Wir sind einfach präzise vorgegangen“, rühmte Marcos Jr. seinen „unblutigen Drogenkrieg“ und ging damit auf Distanz zu den Dutertes.
Vom „Team der Einheit“ des Marcos- und des Duterte-Clans ist knapp zwei Jahre nach dem Wahlsieg nicht mehr viel übrig. Die Kluft zwischen den beiden Politdynastien wird bei wichtigen politischen Themen immer größer. Bei den kommenden Zwischenwahlen zum Parlament im Mai 2025 werden die Weichen für die Präsidentschaftswahl 2028 gestellt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen