Simulationen des Spreeparks

Das legendäre Ausflugslokal Eierhäuschen ist jetzt ein Kunstraum. Die erste Ausstellung im Spreepark Art Space kommt gegen den Ort an sich jedoch kaum an

Außen­aufnahme des Eierhäuschens (Spreepark Art Space) von der Spree aus Foto: Frank Sperling © Spreepark Art Space

Von Verena Harzer

In einem der vier neu eröffneten Ausstellungsräume im Berliner Eierhäuschen riecht es unangenehm. Das sei der frisch verlegte dunkelgraue Teppich, sagt die Künstlerin und Architektin Annett Zinsmeister. Der chemische Geruch steht im Kontrast zum üppigen Grün der deckenhohen, mit Wald bedruckten Fotovorhänge, die den Raum umschließen und sich teils in ihn hineinschlängeln.

Lieber schnell wieder dahin, wo die echten Bäume stehen, wo es angenehm nach frischer Luft riecht und unverstellter Spreeblick wartet. So ein Ort liegt nämlich direkt vor der Haustür der Ausstellung „Park Einsichten“, in der auch die Arbeit „Tracing Spreepark“ von Annett Zinsmeister gezeigt wird.

Das legendäre Berliner Ausflugslokal Eierhäuschen ist endlich wieder ein verlockender Ausflugsort. 1990 musste es schließen, jetzt ist es frisch saniert. Und wird umfassend bespielt: Im Mai vergangenen Jahres hat der Biergarten „Zum Anleger“ eröffnet, seit Anfang dieses Jahres werden die Gäste im Restaurant „Ei-12347-B“ bedient.

Seit vergangenem Wochenende sind nun auch Kunst und Kultur in das Haus eingezogen: Das Eierhäuschen ist jetzt offiziell das feste Zuhause der interdisziplinären Plattform „Spree Park Art Space“ unter der künstlerischen Leitung von Katja Aßmann.

Zukünftig sind pro Jahr vier Ausstellungen zu den Themen Landschaft, Natur, Architektur und öffentlicher Raum geplant. Außerdem sollen Künstlerresidenzen das Haus beleben. Den Startschuss gab die Ausstellung „Park Einsichten“. Leider ohne großen Paukenschlag.

Dabei ist das Konzept einleuchtend: Der direkt neben dem Eierhäuschen gelegene „Spreepark“ soll in den Ausstellungsräumen des Eierhäuschens erlebbar gemacht werden. Denn noch ist das Gelände nicht öffentlich zugänglich.

Dieser „Spreepark“ ist ein besonderer Ort. 1969 eröffnete er als „Kulturpark Plänterwald“, als einziger Vergnügungspark der DDR. Nach der Wende wurde er unter dem Namen „Spreepark“ privat weitergeführt. Ohne Erfolg. Im Jahr 2001 musste der Betreiber Insolvenz anmelden und überließ den Park seinem Schicksal.

Als sogenannter „Lost Place“ erlangte der Ort neue Popularität. Die im Internet kursierenden Bilder von dem sich im Wind langsam drehenden, verrosteten Riesenrad, den umgefallenen, meterlangen Plastikdinosauriern oder den überwucherten Gleisen einer Achterbahn, die im geöffneten Mund eines riesigen Tigers verschwand, faszinierten Menschen in der ganzen Welt.

Im Jahr 2014 gelangte der „Spreepark“ wieder in den Besitz des Landes Berlin, seit 2016 ist die landeigene Grün Berlin GmbH für die Entwicklung des Geländes verantwortlich. 2026 soll er wieder ganz öffentlich zugänglich sein.

Kunst wurde von Anfang an als wesentliches Gestaltungselement in die Entwicklung des Spreeparks eingebunden. Sie soll neben den „sichtbaren Hinterlassenschaften auch die unsichtbaren ephemeren und emotionalen Strukturen des Parks in den Blick nehmen“, steht im Begleitheft der Ausstellung. Erst einmal ein guter Gedanke für einen Ort wie den „Spreepark“, der tatsächlich viel Historie in sich trägt.

Leidenschaftliches Interesse

Vier Arbeiten aus dieser über einen längeren Zeitraum hinweg betriebenen „künstlerischen Forschung“ zeigt nun die Ausstellung „Park Einsichten“. Der Schweizer Künstler, Forscher und Komponist Marcus Maeder hat an vier verschiedenen Orten über einen längeren Zeitraum Audiorecorder und Wildtier­kameras aufgestellt und daraus die Soundinstallation „Spreepark Soundscape“ kreiert. In ­einer zeltartigen Kuppel werden die Aufnahmen in einem „Surround-Audio-Schallfeld“ zeitgleich abgespielt.

Die fotografierende Autorin Sabine Schoo hat für ihr „Parkalphabet“ im „Spreepark“ aufgenommene Fotografien mit den Farben des Flaggenalphabets der Seefahrt überfärbt und sie wie Wimpel an die Decke gehängt.

Die norwegische Künstlerin und Geruchsforscherin Sissel Tolaas hat für „Watergate“ den Geruch der künstlichen Gewässer des „Spreeparks“ und der Spree in die Ausstellungsräume geholt. In einem zylinderartigen Glasbehälter von fast einem Meter Durchmesser hat sie Wasser aus der Spree und den „Spreepark“-Gewässern vermischt. Kameras im Wasser übertragen dessen Innenleben auf zwei Wände des Ausstellungsraums.

Und die bereits erwähnte Künstlerin und Architektin Annett Zinsmeister hat mit ihren bedruckten Waldvorhängen und kleinen runden Fotos auf dunkelgrauem Teppichboden versucht, ihre zweijährige Beobachtungsarbeit des „Spreeparks“ in den Ausstellungsraum zu holen.

Allen gezeigten Arbeiten ist ein leidenschaftliches Interesse an der Vergangenheit und Gegenwart ihres Forschungsprojekts anzumerken. Eine Leidenschaft, die sich offensichtlich nur schwer in Ausstellungsräume übertragen lässt. Dafür bleiben die Arbeiten zu sehr in der reinen Simulation dessen stecken, was es außerhalb des Museumräume eh schon gibt: Natur. Und die lässt sich im Original dann doch am besten erfahren.

„Park Einsichten“: Spreepark Art Space, bis 20. Mai