Andreas Speit
Der rechte Rand
: Wo AfD-Nachwuchs sich so rumtreibt

Die Selbstinszenierung ist auch eine Selbstentlarvung: Auf der Plattform X, früher Twitter, berichtete die Junge Alternative (JA) Schleswig-Holstein über eine Vortragsveranstaltung in der vergangenen Woche bei der AfD Herzogtum Lauenburg. Der JA-Bundesvorsitzende und AfD-Bundestags­abgeordnete Hannes Gnauck beschrieb die „aktuelle Lage“ der Bundeswehr. Selbst scheint die JA noch nicht ganz in der Aktualität angekommen zu sein: Das gepostete Bild zu dem Bericht zeigt nur zehn junge Männer. In diesem Kreis geht man nicht nur gemeinsam zu Vorträgen, sondern besucht auch zusammen mit internationalen Rechtsextremen einen Marsch in Budapest oder trainiert Kampftechniken.

In der ungarischen Hauptstadt nahm der Regionalvorsitzende der JA Südholstein, Ragnar Meyer, am „Tag der Ehre“ teil. Der ist seit Jahren ein festes Datum des europäischen Rechtsextremismus. Mit einer „Gedenk- und Wandertour“ wird dort an den „heroischen Befreiungskampf“ der ungarischen und deutschen Soldaten gegen die Rote Armee erinnert. Am 11. Februar 1945 hatten die eingekesselten Soldaten einen Ausbruch versucht. Ohne Erfolg, nur einhundert Soldaten kamen durch die feindlichen Linien. Diese Verherrlichung von Tod und Opferbereitschaft organisieren die paramilitärische Truppe „Légió Hungária“ und der ungarische Ableger des in Deutschland verbotenen rechtsradikalen Terrornetzwerks „Blood & Honour“.

Den Marsch begleiten Jahr für Jahr Proteste. Im vergangenen Jahr waren Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremen und Gegendemonstranten eskaliert. Die ungarische Polizei ermittelt – gegen Antifaschist:innen. In Deutschland hat die drohende Auslieferung 13 Beschuldigte dazu getrieben, seit einem Jahr nicht abgetaucht zu sein.

Foto: Jungsfoto: dpa

Andreas Speitarbeitet als freier Jour­nalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Das rechtsextreme Erinnerungsevent findet schon seit 1997 statt. Auf der Website der Aktionsgruppe Börzsöny, die den Marsch mitträgt, wird die „Gedenk- und Wandertour“ auch als „Ausbruch 60“ beworben. Drei unterschiedliche Routen – 25, 35 oder 60 Kilometer lang – bieten sie an. Welche Strecke Meyer gelaufen ist, ist nicht bekannt. Mehrerer Bilder von antifaschistischen Initiativen wie Recherche-Nord belegen aber seine Teilnahme.

Eigene Aufnahmen der JA Schleswig-Holstein auf Instagram belegen hingegen das Kampfsporttraining. Schon Ende 2023 fand das Training des JA-Verbandes statt. Die Bilder zeigen Männer beim Box- und Kickboxtraining. An dem Training nahm auch ein Gast von der Gruppe „Junge Tat Schweiz“ teil. Die Gruppe aus dem Nachbarland agiert ähnlich wie die rechtsextreme Identitäre Bewegung, drängt durch provokante Aktionen in die Öffentlichkeit. Der Schweizer Journalist Kurt Pelda schreibt auf watson.ch, dass die Gruppe sich ebenso „gegen Massenzuwanderung, Islamisierung und Multikulturalismus“ wehren würde, „am liebsten wäre es ihnen, wenn die Völker gemäß dem ‚Ethnopluralismus‘ jeweils getrennt in ihren eigenen Ländern lebten“.

Eine ihre Aktionen: Am Eingang des Aargauer Regierungsgebäudes stehen sie vermummt und zünden Pyrotechnik. Auf Schildern steht: „Das Regierungsgebäude wird nun als Remigrationszentrum verwendet“ – gezeichnet: „Das Volk“. Inszenierungen, die die „Junge Tat“ über die sozialen Medien verbreitet.

Der Chef der Jungen Alternative Südholstein war beim rechtsextremen „Tag der Ehre“ in Budapest dabei

Diese Position teilte die JA Schleswig-Holstein jüngst. Auf X schrieb sie: „Die ganze Nation braucht #Remigration!“ und nennen sich selbst „Team #Remigration“. In dem Kurznachrichtendienst rechtfertigt die JA auch ihr Kampfsporttraining als „Selbstverteidigung“ und versichert, „unsere Kurse“ so lange fortzuführen, „wie es linke Gewalt gibt“. Die Jugendorganisation der AfD wirbt mit dem Gewalttraining dafür, bei ihnen einzutreten – wenn „du (…) bei unserer aktiven Heimat-Selbstverteidigung dabei“ sein willst.