wortwechsel: Alt-Yuppie C. Lindner karrt arme Rentner an die Börse
Demografischer Wandel in den „reichen Industriestaaten“: Wer bezahlt die Renten auf lange Sicht? Ist die Spekulation mit Steuergeldern für eine Aktienrente legitim und auch sinnvoll?
„Anlage von Steuergeldern an der Börse: Teurer Unsinn Aktienrente,
taz vom 6. 3. 24
Renten – aus Indien?
Vielen Dank für die aspektreiche Berichterstattung und den Kommentar. Ein wichtiger volkswirtschaftlicher Gesichtspunkt allerdings fehlt, unter dem Namen Mackenroth-These bekannt: Anders als zu Zeiten der Einführung der Riester-Rente wird heute nur noch selten von jemandem explizit behauptet, kapitalgedeckte Renten seien eine Lösung für das nicht zu leugnende Demografieproblem der Altersversorgung. Implizit schwingt diese Fehleinschätzung bei dieser neuen Aktienrente mit. Aber, alle Einkommen im Jahr 2040 werden aus dem BIP des Jahres 2040 bezahlt, auch die Renten. Die Konsumgüter, die die Rentner:innen 2040 für ihren Lebensunterhalt kaufen, werden ja nicht 2024 hergestellt und dann für später aufbewahrt. Kurz: Die Erwerbstätigen des Jahres 2040 werden die Renter:innen, Kinder und anderen Nicht-Erwerbstätigen des Jahres 2040 alimentieren müssen. Geld arbeitet eben nicht. Aus nationaler Perspektive kann man diesen volkswirtschaftlichen Zusammenhang nur „überlisten“, wenn man zum Beispiel Wertpapiere im Ausland kauft – was beim Generationenkapital ja tatsächlich vorgesehen ist. Das läuft darauf hinaus, dass im Jahr 2040 Menschen in Indien für Teile der deutschen Renten arbeiten sollen. Es wäre gut, das zu sagen und sich klar zu machen, dass das klappen kann, aber keinesfalls muss. Ferdinand Burghardt, Bochum
Eine lustige Rechnung?
2 Millionen Euro braucht man als Aktien-Kapital pro Rentner, wenn es was werden soll. Nimmt man 90 Jahre als durchschnittliche obere Altersgrenze an und 65 als durchschnittliches Renteneintrittsalter, ergeben sich 25 Rentenjahrgänge. Bei 1 Million Personen pro Jahrgang ergeben sich circa 25 Millionen Rentner. Damit errechnet sich das benötigte Kapital auf 50 Billionen Euro. Die Summe allen Vermögens in Deutschland: 50 Billionen Euro. Das heißt: Alle Reichen müssten enteignet werden und deren Vermögen in den Rentenfonds gesteckt werden. Da das Vermögen auch in Immobilien vorliegt, müsste alles in Aktien transformiert werden. Fragt mal die Superreichen, wie sie das finden. P.S.: Das schwedische Modell funktioniert nur, weil deren Anlagen in norddeutschen Immobilien stecken und somit wenige Schweden von vielen deutschen (und europäischen) Mietern profitieren. Eckhard Hiekisch
Finanzminister Alf
„Null Problemo“, sagte „Alf, der Außerirdische“ aus der US-Fernsehserie immer dann, wenn die Lage für ihn ziemlich ausweglos war. Die Ampel braucht jetzt für ihr Rentenpaket sehr viel „Kohle“, um sie gleich wieder im Spielkasino „Aktienmarkt“ zu verzocken. Trotz Rekordeinnahmen reicht der Ampel einfach kein Geld „der Welt“ aus. „Null Problemo“ würde Alf sagen, denn viele Spielsüchtige sind eben permanent knapp bei Kasse!
Riggi Schwarz, Büchenbach
Der Kritik von Ulrike Herrmann stimme ich voll zu. Ich möchte noch Folgendes ergänzen: Ich finde es geradezu skurril, dass ausgerechnet die wirtschaftsliberale FDP den Aufbau eines Staatskapitalismus vorantreiben will, der letztlich auch die Macht des Staates über die Wirtschaft stärken würde. Käme so ein Vorschlag von der Linkspartei, wäre sicher von steinzeitlichem Kommunismus die Rede.
Cordula Ullrich, Untersiemau
In der Schweiz soll sogar die 13. Monatsrente für Rentner eingeführt werden. Und in Deutschland? Da will die (h)ampelnde Bundesregierung die neuen deutschen Armutsrentner demnächst am Aktienmarkt untergehen sehen.
Roland Klose, Bad Fredeburg
„Popelige 12 Milliarden“?
Durch diese popeligen 12 Milliarden pro Jahr soll der Aktienmarkt gepusht werden, was dann den Reichen hilft? Wissen Sie, wie groß allein die Cash-Position von Warren Buffett ist? Oder wie groß der norwegische Staatsfonds? Ob überhaupt etwas rumkommt für die Rentner, wenn nur die Erträge ausgeschüttet werden? Schauen Sie nochmals nach Norwegen. Das ist allemal besser als unser Umlageverfahren. Kein Wunder, dass die Deutschen kein Volk von Aktionären werden, sie legen alles aufs Tagesgeld, während die Welt mit Aktiengewinnen reich wird. Und Fonds kann man auch schon mit kleinen Beträgen kaufen. Thorsten Egeler, Ebersbach
Ich finde eine offene Diskussion über dieses Thema müsste bitte auch die Frage beinhalten, warum funktioniert diese Idee in Ländern wie Schweden, Norwegen, Saudi-Arabien? Und warum sind wir nicht in der Lage, dieses Thema ohne „Klassenkampf“-Rhetorik zu behandeln? Stefan Jäger, Leverkusen
Hausse & Baisse …
Entweder streichen die Spekulanten die Profite der Hausse ein, oder der Staat – also wir – trägt die Verluste bei einer Baisse … Erinnern wir uns an die 2008 reihenweise zusammengebrochenen Rentenfonds und Banken in den USA. Schon lange spiegeln die Kursentwicklungen weltweit weniger die Wirtschaftskraft der Unternehmen wider, sondern das spekulative Zocken an der Börse. Wirecard lässt grüssen. Philippe Ressing auf taz.de
Die Rente soll, wie schon so vieles zuvor, privatisiert besser werden. Neoliberale Alleswisser kennen nichts anderes als ihr Heiligtum der Märkte. Für eine sichere Altersversorgung, also für ein Menschenrecht nach Jahrzehnten Arbeit und Beitragszahlung, sollen die Finanzmärkte mittels Aufbau von Aktienkapital die Rente sichern. Und warum wurde das nicht schon lange getan, wenn es so viel besser, sicherer, garantierter ist? Die hinreichende Erfahrung mit dieser Art privatisierender Reformen haben Generationen bereits gemacht – bei Post, Bahn, Wohnen, Gesundheit, öffentlichen Gütern. Alles wegen der Demographie, wird erzählt … Und 100 Milliarden und mehr für Krieg und Sterben sind demographisch-ökonomisch kein Problem für die Alterspyramide? Roland Winkler, Aue
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen