Zäune sind nicht alternativlos

Nicht alle Länder der EU setzen im Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest auf die Ausrottung der infizierten Tiere

Von Uwe Rada

Glückliches Belgien. Zwei Jahre nach dem Fund eines infizierten Wildschweins in der Provinz Luxemburg am 9. September 2018 erklärte die Europäische Kommission das Land im November 2020 offiziell für „ASP-frei“. Nicht nur die Einschränkungen im Land selbst fielen damit weg, sondern auch die Exportbeschränkungen für belgisches Schweinefleisch. In den beiden Jahren, in denen die Afrikanische Schweinepest (ASP) in Belgien grassierte, waren 833 infizierte Wildschweine gefunden worden.

Deutsche Schweinebauern, aber auch Politiker dürften mit Neid nach Belgien schauen. Um von der EU als „ASP-frei“ anerkannt zu werden, darf es ein Jahr lange keine positiven Nachweise mehr geben. Dann kann das Land auch bei der Weltorganisation für Tiergesundheit (World Organisation for Animal Health) den begehrten Status beantragen.

Wildschweine übertragen die für Menschen nicht gefährliche Schweinepest auch an Hausschweine. Im Schweineland Deutschland geht ein Drittel des produzierten Schweinefleischs in den Export. Kurz nach dem Ausbruch der Seuche im Brandenburger Landkreis Spree-Neiße am 10. September 2020 hatten China und Südkorea den Import deutschen Schweinefleischs gestoppt. Südkorea hat das Importverbot 2023 wieder aufgehoben.

„Unsere Bemühungen für die Aufhebung der Sperre für Lieferungen von deutschem Schweinefleisch nach Korea zeigen Wirkung“, freute sich damals Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Es sei gelungen, klarzumachen, „dass wir in Deutschland funktionierende Schutzmaßnahmen gegen die Afrikanische Schweinepest geschaffen haben“. Grundlage hierfür ist ein „Regionalisierungsabkommen“, das Özdemir nun auch mit China anstrebt. Es sieht vor, Exporte aus den Regionen Deutschlands zu ermöglichen, die nicht unmittelbar von der ASP betroffen sind.

Wird in Deutschland ein an ASP verendetes Wildschwein gefunden, gilt: Um die Fundstelle wird ein mit einem Zaun geschütztes Kerngebiet errichtet, aus dem es kein Entrinnen gibt. Alle Tiere verenden. Um das Kerngebiet wiederum wird im Radius von fünf Kilometern eine „Weiße Zone“ errichtet, in der die gesamte Schwarzwildpopulation durch Jagd oder Fallen getötet wird. Bleibt die Weiße Zone ein Jahr seuchenfrei, können die Zäune wieder weg.

In Polen ist eine Zäunung der Fundstellen nicht vorgesehen

Ganz anders macht es Polen. In einer Handreichung des Landwirtschaftsministeriums zur ASP-Bekämpfung wird vor allem auf den Schutz der Schweinebetriebe gesetzt, etwa durch Seuchenmatten auf den Zufahrtswegen. Eine Zäunung der Fundstellen ist nicht vorgesehen. Es ist gewissermaßen das Eingeständnis, es mit der ASP im Land mit einer endemischen Seuche zu tun zu haben. Anders als Deutschland ist Polen allerdings kein Exportland von Schweinefleisch. In Deutschland wurden 2019, also vor der Pandemie, 2,4 Millionen Tonnen exportiert, in Polen übertreffen inzwischen die Importe die Exporte.

Für den Naturschutzbund Nabu ist deshalb klar, dass die Zäune gegen die ASP nicht dem Seuchenschutz dienen, sondern den „ökonomischen Interessen der Schweinefleisch produzierenden Industrie“ und ihrer Exportstrategie. Die Zäune in Ostbrandenburg sichern demnach den Schweinebauern in Niedersachsen die Profite.

In einem Positionspapier fordert der Nabu deshalb „den Rückbau aller großräumigen, auf längere Zeit errichteten ASP-Zäune“. Zur Begründung heißt es: „Die massiven Eingriffe in die Natur verfehlen die erwünschte Wirkung – nämlich die Ausbrüche bei Hausschweinen zu verhindern – und verursachen gleichzeitig erhebliche Kollateralschäden im Bereich des Natur- und Artenschutzes.“