Geflüchtete in Spanien: Zwischenlandung ins Chaos

Immer mehr Flüchtende beantragen bei Landungen in Spanien Asyl. Die Bedingungen in den Wartesälen seien laut Rotem Kreuz unhaltbar.

Menschen sitzen im Flughafengebäude, unter ihnen ist der Check-In zu sehen

Migranten warten unter unhygienischen Bedingungen am 1. Februar 2024 im Transitbereich des Flughafens Madrid-Barajas Foto: afp

MADRID taz | Spanien wird bis Mitte des Monats ein sogenanntes Transitvisum für Menschen aus dem Senegal einführen. Die gleiche Maßnahme gilt bereits seit dem 20. Januar für Reisende aus Kenia.

„Das Transitvisum für Flughäfen ermöglicht die Durchreise durch die internationale Zone der Flughäfen im Schengen-Raum, nicht jedoch die Einreise in das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten“, heißt es auf der Seite des spanischen Innenministeriums. Beantragt wird das Dokument auf den jeweiligen Konsulaten.

Der Innenminister der Linkskoalition, Fernando Grande-Marlaska, will mit diesen Schritten „die betrügerische Nutzung“ der Zwischenlandungen beenden – so bezeichnet er die Zunahme der Asylbewerbungen auf dem internationalen Flughafen Madrid-Barajas.

Außerdem übt die spanische Regierung Druck auf Marokko aus, bis zur Einführung der Transitvisen für weitere Nationalitäten besser zu kontrollieren, wer in Casablanca an Bord geht. Viele der Flüchtenden kommen mit Flugstrecken von Marokko nach Lateinamerika zur Zwischenlandung auf dem spanischen Flughafen an und nutzen den Stopp, um in Spanien Asyl zu beantragen. Die meisten der Flüchtenden kommen aus Kenia, Somalia, dem Senegal und Mauretanien.

Die Medien nennen die Flüge „Holzboot-Flugzeuge“

Die spanische Presse hob dazu jüngst ein Wort aus der Taufe, das nun die Runde in Spanien macht. „Holzboot-Flugzeug“ – „avión patera“ – nennen Medien die Flüge, die mit Flüchtenden aus afrikanischen Ländern in Spanien ankommen.

Die Zahl der Asylanträge in Madrid-Barajas nehmen seit vergangenem Sommer stark zu. Im Januar kam es zu einer neuen Höchstzahl: 864 Flüchtende stellten im vergangenen Monat auf einer Zwischenlandung von Afrika nach Lateinamerika einen Asylantrag. Im gesamten vergangenen Jahr waren es – so das staatliche Büro für Asyl und Flüchtende – auf allen Flughäfen Spaniens zusammen 3.386. Die letzte Aufschlüsselung nach Flughäfen stammt aus dem Jahr 2022, damals waren es im gesamten Jahr mit 767 deutlich weniger Antragsteller als jetzt in nur einem Monat.

Rund zwei Wochen kann es dauern, bis ein Antrag so weit bearbeitet ist, dass die Betroffenen in ein Wohnheim irgendwo im Land überführt werden. Die Folge: Die Wartesäle für Flüchtende sind seit einigen Wochen überfüllt. Bis zu 400 Menschen leben zeitweise auf etwas mehr als 1.500 Quadratmetern. Einer der vier Säle wurde im Januar in aller Eile eingerichtet.

Die Zunahme der Antragsteller am Grenzposten habe „zu einer Verschlechterung der Lebensbedingungen in den Sälen, einer beispiellosen Überbelegung und einer Verschlechterung der Mindesthygiene- und Gesundheitsstandards“ geführt, heißt es in einem Bericht des spanischen Ombudsmanns für Bürgerrechte, Ángel Gabilondo, von vergangener Woche. „Die Frauen und einige Minderjährige wurden in einen Raum verlegt, der die nötigen Bedingungen nicht erfüllt“, berichtet Gabilondo von seinem Besuch in Barajas am 19. Januar.

Es fehle an Betten, Stühlen und Tischen

Es gebe weder genügend Betten noch einfache Möbel wie Stühle oder Tische. Die Menschen seien gezwungen, auf den Matratzen oder dem Boden selbst zu essen. Die einzige Dusche habe Gabilondo außer Betrieb vorgefunden. Auch an „grundlegenden Hygienesets und Produkten zur Damenhygiene“ herrsche Mangel. Außerdem verfügten die Flüchtenden über kein öffentliches Telefon, mit dem sie Kontakt zur Außenwelt halten können.

Das Rote Kreuz hat sich aus Protest gegen die unhaltbaren Bedingungen aus den Sälen zurückgezogen. Infolgedessen schickt das Innenministerium mehr Polizeibeamte, die jetzt für die Hygiene und Sauberkeit der Säle verantwortlich sein sollen.

Dass die Flugstrecken mit Zwischenlandung unter Flüchtenden populär wurden, hat wohl mehrere Gründe. Ein Flugticket in eines der Länder Lateinamerikas, das für Afrikaner kein Visum verlangt – wie etwa Nicaragua, El Salvador, Bolivien oder Brasilien –, ist mit rund 1.000 Euro billiger, vor allem aber sicherer als eine riskante Überfahrt im Holzboot von Afrikas Nordwestküste auf die Kanaren. Doch auch diesen Weg wählen in diesem Winter so viele Flüchtende wie seit 2008 nicht mehr.

Einige planen allerdings gar nicht mit Spanien als Ziel, sondern wollen nach Lateinamerika, um von dort über Mexiko in die USA zu gelangen. Doch mitunter treten bei der Zwischenlandung Probleme auf. Beispielsweise müssen zur Weiterreise nach El Salvador zusätzliche Gebühren entrichtet werden, die einige Geflüchtete nicht entrichten können, und so bleiben sie in Madrid-Barajas hängen.

Kritik an Transitvisum

Die Spanische Kommission für Flüchtlingshilfe (CEAR), die mit dem UN-Flüchtlingskommissar zusammenarbeitet, verlangt von der spanischen Regierung ein schnelles Handeln, „um die Rechte der Personen, die um internationalen Schutz bitten, zu garantieren“. Es sei mehr Personal nötig, um die Anträge schneller zu bearbeiten und so die Lage auf dem Flughafen zu entspannen.

CEAR kritisiert außerdem das Transitvisum. Es sei „ein weiteres Hindernis, das den Zugang zu internationalem Schutz zusätzlich erschwert“, heißt es in einem Kommuniqué der Flüchtlingshilfsorganisation.

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