Hamburg jubelt, Göttingen ist enttäuscht

Die Exzellenzstrategie geht in die nächste Runde. Auch Universitäten und Hochschulen aus dem Norden dürfen sich mit Forschungsinitiativen neu für Exzellenzcluster bewerben. Sieben Jahre lang werden ausgewählte Projekte dann ab 2026 gefördert

Von Robert Matthies

Die Vorbereitung der Anträge kostet die Universitäten und Hochschulen Millionenbeträge, und wer mit seinen Forschungsinitiativen in der Auswahlrunde der Exzellenzstrategie (ExStra) nicht überzeugen kann, hat das Geld in den Sand gesetzt. Aber wer ausgewählt wird, darf sich über eine siebenjährige Förderung freuen, die die Kosten weit übersteigen kann – und darf seine Forschung „exzellent“ nennen.

Vergangene Woche haben die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Wissenschaftsrat (WR) bekannt gegeben, wer es in die nächste Runde der bundesweiten Förderrichtlinie ExStra geschafft hat. Auch Universitäten und Hochschulen aus dem Norden sind dabei. Sie dürfen sich mit Forschungsinitiativen neu für sogenannte Exzellenzcluster bewerben. Als Cluster werden Projekte gefördert, in denen Wis­senschaft­le­r*in­nen in spezifischen Forschungsfeldern, auch spartenübergreifend, an Universitäten oder in Universitätsverbünden kooperieren.

In dieser Runde hatten die Initiativen Skizzen eingereicht, nun geht es darum, bis Ende August dieses Jahres einen Vollantrag einzureichen. Insgesamt waren bundesweit 143 Skizzen eingereicht worden. Die endgültige Entscheidung fällt 2025. Wer dann ausgewählt wird, wird ab 2026 sieben Jahre lang gefördert.

Viele Anträge mit griffigen Namen und Formeln haben die norddeutschen Unis und Hochschulen eingereicht, etliche von ihnen haben es in die nächste Runde geschafft. Erfolgreich waren etwa die Bremer Ma­te­ri­al­wis­sen­schaft­le­r*in­nen mit einer Skizze zur „Marsperspektive“. Sollte der Antrag 2025 erfolgreich sein, soll dieses Cluster ein Paradigma der Nachhaltigkeit entwickeln, das auf Ressourcenknappheit ausgerichtet ist. Insgesamt hatte die Uni drei Skizzen eingereicht.

Göttingen ist gar nicht „exzellent“

Auch die Universität Hamburg war in dieser Runde erfolgreich. Sie kann für ihre vier bestehenden Cluster Folgeanträge stellen. Zusätzlich wurde die Forschungsinitiative „Tore zur Gesundheit (Gateways): Wie Krankheitserreger das globale Leben prägen“ ausgewählt, die in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) entstanden ist. Insgesamt hatte die Uni drei neue Initiativen beantragt. Beteiligt ist sie außerdem an der Initiative „BlueMat: Wassergesteuerte Materialien“ der Technischen Universität Hamburg. Auch diese Initiative hat die nächste Runde erreicht.

Die Uni Oldenburg darf sich mit einer neuen Initiative bewerben: „NaviSense“ soll sich mit den Navigationsfähigkeiten von Tieren beschäftigt. Für die beiden bestehenden Cluster dürfen die Ol­den­bur­ge­r*in­nen einen Folgeantrag stellen.

Große Enttäuschung gibt es hingegen in Göttingen. Fünf Skizzen hatte die Georg-August-Universität ausgewählt, keine von ihnen hat es in die nächste Runde geschafft. Ein erfolgreicher Antrag hätte gereicht, damit die Uni ihren verlorenen Exzellenzstatus wiedererlangt. Zuletzt war sie von 2012 bis 2017 in der zweiten Programmphase der Exzellenzinitiative gefördert worden. Die Exzellenzinitiative war von 2007 bis 2017 Vorgänger der Exzellenzstrategie. Gefördert wurden in dieser Zeit die „Göttinger Graduiertenschule für Neurowissenschaften, Biophysik und Molekulare Biowissenschaften“ und der Exzellenzcluster „Mikroskopie im Nanometerbereich und Molekularphysiologie des Gehirns“. In der zweiten Programmphase wurden beide nicht weiter gefördert. Auch Schleswig-Holsteiner Unis und Hochschulen gingen in dieser Runde leer aus.

Insgesamt 57 Cluster fördert die ExStra derzeit. Auch an etlichen Universitäten im Norden gibt es in der aktuellen, bis 2026 laufenden Förderphase Exzellenzcluster. Die Kieler Christian-Albrechts-Universität beschäftigt sich im Cluster „ROOTS“ mit sozial- und umweltrelevanten „Konnektivitäten“, also Verbindungen in vergangenen Gesellschaften. Zudem gibt es in Kiel den Cluster „Präzisionsmedizin für Chronische Entzündungserkrankungen (PMI)“.

Die Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg erforscht gemeinsam mit der Hannoverschen Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) im Cluster „Hearing4All“ individualisierte Hördiagnostik und darauf angepasste persönliche Hörhilfen. An der MHH gibt es zudem den Cluster „RESIST – Resolving Infection Susceptibility“, der sich mit menschlicher Anfälligkeit für Infektionen beschäftigt. In Kooperation mit der Oldenburger Carl-von-Ossietzky-Universität erforscht an der Uni Bremen ein Cluster den Ozeanboden.

Nur Hamburg ist auch Ezellenzuni

Die Universität Hannover arbeitet zudem mit der Technischen Universität Braunschweig im Cluster „QuantumFrontiers – Licht und Materie an der Quantengrenze“ zusammen sowie im Cluster „PhoenixD: Photonics, Optics, and Engineering – Innovation Across Disciplines“, an dem auch das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik beteiligt ist. Dabei geht es darum, wie optische Präzisionssysteme schnell und kostengünstig hergestellt werden können.

An der Uni Hamburg werden seit 2019 vier Cluster gefördert. „CUI: Advanced Imaging of Matter“ widmet sich der Frage, was Atome dazu bringt, sich in einer ganz bestimmten Weise zu bewegen und dadurch neue Strukturen mit besonderen Funktionalitäten zu erzeugen. Der Cluster „Climate, Climatic Change, and Society“ fragt, ob es plausibel ist, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen zu können. „Quantum Universe“ will wissen, wie man mit Teilchenphysik und Gravitation die Entwicklung des Universums nach dem Urknall verstehen kann. Und der Cluster „Understanding Written Artifacts“ beschäftigt sich in Hamburg mit Entwicklung und den Funktionen von Schriftartefakten in Manuskriptkulturen von der mesopotamischen Keilschrift bis heute (siehe Artikel unten).

Neben Exzellenzclustern fördert die ExStra Unis dauerhaft als Exzellenzuniversitäten. Im Norden ist nur die Hamburger Uni seit 2016 eine Exzellenzuniversität. In ihrer Gesamtstrategie „A Flagship University: Innovating and Cooperating for a Sustainable Future“ rückt sie das Thema Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt. Exzellenzuniversitäten werden dauerhaft gefördert.