piwik no script img

Olympische Jugendspiele in SüdkoreaNur Sport

Dem Jugendformat der Olympischen Spiele fehlen die politische Visionen, die bei den Winterspielen 2018 noch für eine Aufbruchsstimmung sorgten.

Ge­win­ne­r:in­nen im Eiskunstlaufen bei den Olympischen Jugendspiele in Gangwon Foto: IOC via reuters

Der Jubel, den man dieser Tage von den Wettkampfstätten im Norden Südkoreas hört, erinnert an die Ereignisse von vor sechs Jahren. Bis zum 1. Februar dauern die am 19. Januar gestarteten Olympischen Jugendspiele in Gangwon noch an: 1.800 Athletinnen und Athleten im Alter von 15 bis 18 messen sich in 15 Disziplinen und sieben Sportarten. 79 Länder nehmen teil: Die Jugendausgabe von Winterolympia ist so groß wie noch nie.

2018 veranstaltete Südkorea an gleicher Stelle die Olympischen Winterspiele. Und sie wurden zu viel mehr als nur Sport. Tatsächlich sahen sie nach einem Paradebeispiel dessen aus, was Offizielle immer wieder betonen: Wie kein anderes Spektakel könne Sport zerstrittene Völker oder Staaten zusammenbringen. Auf die Winterspiele von Pyeongchang traf dies kurzfristig zu: Veranstalter Südkorea hatte es mit viel diplomatischem Geschick geschafft, dass eine Delegation aus dem verfeindeten Nordkorea ins Land reiste.

Kurz vor Beginn der Spiele damals verkündete IOC-Präsident Thomas Bach, dass alle Koreanerinnen und Koreaner unter der koreanischen Vereinigungsflagge ins Olympiastadion einlaufen würden. Es wurde schon spekuliert, ob er ein Anwärter auf den Friedensnobelpreis sein könnte. Denn an jenen Tagen geschah noch so einiges in Pyeongchang. Im Eishockeystadion feuerte eine Gruppe nordkoreanischer Cheerleaderinnen ein gesamtkoreanisches Team an. Kurz darauf trafen sich die Regierungschefs von Nord- und Südkorea: Statt wie sonst Kriegsdrohungen auszutauschen, sprach man über politische Annäherung.

Wenige Wochen nach den Winterspielen von Pyeongchang reiste Bach selbst nach Nordkorea und erklärte sichtlich stolz, das Nationale Olympische Komitee der „Demokratischen Volksrepublik Korea“ habe zugesagt, dass sie an den nächsten Sommer- und Winterspielen teilnehmen werden. Der „Oberste Führer“ habe ihm das persönlich bestätigt. Doch die Völkerverständigung gelang nicht: Wenig später scheiterten diplomatische Verhandlungen zwischen Nordkorea und den USA; dann kam auch noch die Pandemie. Weder 2021 in Tokio noch 2022 in Peking waren nordkoreanische Athletinnen und Athleten dabei.

Nordkorea fehlt

Bei den folgenden Asian Games wiederum, 2023 in China, nahm Nordkorea dann doch wieder teil. Aber jetzt, bei den Jugendwinterspielen in Südkorea? Nordkorea fehlt. Längst drohen sich die zwei Staaten wieder mit Krieg. Thomas Bach betont dieser Tage auch lieber das Athletische als die Kraft von Olympia jenseits von Sport: „Für Athleten ist das Wichtigste guter Schlaf und gutes Essen.“ Das sei gegeben. Außerdem seien die Jugendspiele „ein großartiger Steigbügel“. Seit der ersten Ausgabe der Olympischen Jugendspiele 2010 haben immer wieder Athletinnen und Athleten den Sprung in die Spiele der Erwachsenen geschafft.

IOC-Chef Thomas Bach bei der Eröffnungszeremonie der Jugendspiele Foto: imago

Von Organisatorenseite wird zudem die Nachhaltigkeit der Veranstaltung betont. Schließlich finden die Spiele an einem Ort statt, wo man nicht erst neue Arenen bauen musste. Andererseits: Für die Spiele 2018 wurden teilweise eigens Anlagen errichtet, für die alte Wälder abgeholzt worden waren – die heute aber nicht mehr in Betrieb sind.

Die Winterspiele für den Nachwuchs haben aber noch etwas vorzuweisen, das sich von den kommerziell ausgerichteten Olympischen Spielen abhebt: Der Eintritt in die Arenen ist gratis. Wobei das wohl auch sein muss, um die Stadien halbwegs zu füllen. Denn diese Jugendspiele produzieren nicht annähernd so viel Medienrummel wie Olympia hier vor sechs Jahren. Diesmal geht es ja auch „nur“ um Sport.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare