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Baustellenbegehung im MuseumTabula rasa am Pergamonmuseum

Seit Oktober 2023 ist das wohl bekannteste Museum Berlins wegen Sanierungen geschlossen. Aber was passiert dort genau vor der Wiedereröffnung 2027?

Vor vier Jahren begann Restauratorin Scharrahs damit, diesen 400 Jahre alten Empfangsraum aus Aleppo wiederherzustellen Foto: Karlotta Ehrenberg

Berlin taz | Um sofort mit einem Gerücht aufzuräumen: Nein, das Pergamonmuseum ist nicht bis 2037 geschlossen. Jedenfalls nicht komplett. 2027 soll ein Teil des großen Museumskomplexes – das Pergamonmuseum beherbergt drei Sammlungen – wiedereröffnet werden. Neben dem namengebenden Pergamonaltar soll dann auch das auf zwei Stockwerke erweiterte und in den Nordflügel umgezogene Museum für Islamische Kunst wieder zu besichtigen sein.

Martina Müller-Wiener, die Vize-Direktorin des Museums für Islamische Kunst im Pergamon Museum, freut sich schon jetzt auf diesen Tag. Seit rund einem Jahrzehnt arbeitet das Kuratorenteam an der Neukonzeption des Museums. Dabei geht es nicht nur um die Frage, was ausgestellt werden soll, sondern auch, wie. „Heute hat man ja ganz andere Möglichkeiten, Kunst zu präsentieren, wie etwa über Medien- und Hörstationen“, sagt sie, als sie die taz durch das besucherleere Museum führt.

Die Bauarbeiten in dem Gebäude aus den 1930er Jahren sollen vierzehn Jahre dauern – Beginn war 2013. Die Instandsetzung sei bitter nötig, sagt die Museumsvizedirektorin des Museums für Islamische Kunst im Pergamon Museum, Elektrik, Wasserleitungen, Klimaanlage – alles müsse erneuert werden. Dabei könnten trotz der schlechten Bausubstanz jedoch viele Wände und Decken erhalten werden. Außerdem werde das Museum barrierefrei umgebaut und dem Gebäude ein neuer Teil hinzugefügt. Müller-Wiener: „Das Pergamonmuseum ist nie ganz fertig geworden. Das holen wir jetzt nach.“

Das Museum ist nie ganz fertig geworden. Das holen wir nach

Martina Müller-Wiener, Vizedirektorin

Im Südflügel sind die Bauvorbereitungen in vollem Gange. In den Ausstellungsräumen stehen leere Vitrinen, die Kunstwerke sind zum großen Teil verpackt und warten auf Paletten auf den Umzug in das Zwischenlager. Kein einfaches Unterfangen, denn die wertvollen Objekte sind nicht nur zahlreich, sondern oft auch groß, schwer und teils auch sehr empfindlich. Zudem heißt es, den Überblick zu bewahren. „Jedes einzelne Objekt hat einen Laufzettel mit einer Nummer“, erläutert Müller-Wiener. „Anhand von Listen kann man genau nachvollziehen, wo es gerade steckt.“

Einfach wegtragen ist nicht

Nicht alle Exponate lassen sich jedoch einfach wegtragen. Großarchitekturen wie das berühmte Ischtar-Tor aus dem Vorderasiatischen Museum werden bleiben und zum Schutz mit Wänden ummantelt werden.

Neben zahlreichen Sicherheitsleuten, die genau kontrollieren, wer in welchen Bereich hineindarf, schwirren viele Leute umher, vor allem Umzugshelfer und Restauratoren. Letztere sind damit beschäftigt, die verbliebenen Kunstwerke abzubauen. Einige sind fest verbaut und werden das erste Mal nach Jahrzehnten aus den Wänden genommen.

Martina Müller-Wiener und ihre For­schungs­kol­le­g:in­nen freuen sich auf diesen Moment: Endlich können sie die Kunstobjekte von allen Seiten begutachten und offene Fragen klären. „Bei dieser geschmückten Steinplatte weiß man zum Beispiel nicht, um was für einen Stein es sich handelt“, sagt sie. „Das werden Geologen jetzt herausfinden.“

Aber nicht nur über die Kunstwerke wird man mehr erfahren, es kommt auch einiges über das Museum selbst ans Tageslicht. Zum Beispiel lässt sich deutlich erkennen, dass ein Teil der Wand, an der die schmuckvolle Fassade des Wüstenschlosses Mschatta befestigt war, schon einmal erneuert worden ist, an dieser Stelle hat es im Zweiten Weltkrieg einen Bombenschaden gegeben. Dass eine Fassadenplatte mit einem anderen Baumaterial befestigt war, gab Rätsel auf. Doch ein älterer Mitarbeiter des Museums konnte es lösen: Dieses Stück wurde nach der Eroberung Berlins durch die sowjetische Armee mitgenommen. Erst später kam es wieder ins Museum zurück.

Eine Säule ist schief eingebaut

Eine echte Überraschung bot sich der Firma, die mit dem Ab- und Aufbau der kunstvoll dekorierten Damaskus-Nische beauftragt wurde. Diese Architektur stammt aus einem syrischen Wohnhaus aus dem 16. Jahrhundert. Bei der Voruntersuchung wurde festgestellt, dass eine Säule schief eingebaut wurde. „Um das auszugleichen, wurden Fugen hinzugefügt und vergrößert,“ erläutert Müller-Wiener. Die Firma hat nun einen 3-D-Scan angefertigt. „Damit können sie berechnen, wie die Nische später aufgebaut werden muss, um den Ursprungszustand wiederherzustellen.“

Ganz schön kompliziert – und aufwendig. So wie viele andere Arbeiten, die im Zuge der Instandsetzung nötig werden und von langer Hand geplant werden mussten. „Auch hier sind Listen das A und O“, sagt Müller-Wiener. „Sie zeigen genau, wer wann was machen soll.“ So hat die Arbeit an dem über vierhundert Jahre alten holzgetäfelten Zimmer aus Aleppo schon vor über vier Jahren beginnen müssen, um nun, pünktlich zu Baubeginn, fertig zu sein. So lange brauchte die Restauratorin Anke Scharrahs für die Erneuerung der Holzbemalung.

Bisher läuft im Südflügel also alles nach Plan, und Müller-Wiener ist zuversichtlich, dass es bei dem Wiedereröffnungstermin 2027 bleiben wird. „Mich fragen viele, was ich bis dahin mache“, sagt sie. „Die haben gar keine Ahnung, was das hier bedeutet. Wir denken das Museum vollkommen neu, als möglichst ganzheitliche Erfahrung, an der alle gleichermaßen teilhaben können.“

Dabei sollen laut Müller-Wiener auch viele Dinge erzählt werden, die bisher nicht oder nur am Rande vorkamen. Für die neue Ausstellung brauche es außerdem Texttafeln, Audioguides und einen Katalog – alles in mehreren Sprachen und nach einem inklusiven Konzept. Sie sagt: „Wir haben wirklich alle Hände voll zu tun.“

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