Antisemitismus in Berlin-Neukölln: Angriff im Schnellrestaurant
Zwei Personen wurden in einem Neuköllner Lokal mit einem Stuhl attackiert, weil sie hebräisch sprachen. Der Staatsschutz ermittelt.
BERLIN taz | Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hat mit Bestürzung auf einen mutmaßlich antisemitischen Angriff in einem Schnellrestaurant in Neukölln reagiert. Präsident Volker Beck forderte, dass man auf der Straße genauso angstfrei hebräisch, arabisch oder italienisch sprechen können müsse wie deutsch. Er forderte „politische Konsequenzen“ – unter anderem Initiativen von der Bundesregierung mit Migrantenselbstorganisationen, „die die Diskriminierung und Gewalt gegen Israelis ächten und Antisemitismus auch durch arabisch-stämmige und muslimische Communities sichtbar bekämpfen.“
Zuvor waren am Hermannplatz waren laut einer Polizeimeldung in der Nacht zum Samstag eine 27-jährige Frau und ein 24-jähriger Mann leicht verletzt worden, nachdem sie sich auf hebräisch unterhalten hatten. Zwei sich am Nachbartisch auf Arabisch unterhaltende Männer hätten sich daraufhin abfällig geäußert. Nachdem sich die Frau und der Mann das verbaten, kam es demnach zum Angriff.
Einer der Männer am Nachbartisch soll laut Polizei auch mit einem Stuhl nach der Frau geschlagen haben. Die Frau konnte den Angriff mit dem Arm abwehren – als ihr Begleiter sich schützend vor sie stellte, habe der Mann ihm ins Gesicht geschlagen. Anschließend seien der Angreifer und dessen Begleiter geflohen. Die Opfer klagten über leichte Schmerzen, lehnten eine ärztliche Behandlung aber ab. Der Staatsschutz ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung.
Auf dem ehemaligen Twitter kritisierte der Neuköllner Linken-Politiker Ferat Koçak: „Egal was im Nahen Osten, in Israel, in Palästina, Gaza oder West Bank Unmenschliches auch passiert. Nichts kann und darf Antisemitismus oder Rassismus rechtfertigen“. Auch der Neuköllner SPD-Bundestagsabgeordnete Hakan Demir verurteilte den Angriff: „Neukölln ist ein Bezirk, in dem Menschen aus über 160 Nationen leben. Antisemitismus, Hass und Hetze haben keinen Platz hier.“
Antisemitismus auf Allzeithoch
Der in Berlin lebende jüdische Pianist Igor Levit sprach von „blankem Judenhass“: „Und da fragen sich Menschen allen Ernstes noch, weshalb viele Juden hier Angst haben, sich offen als solche zu zeigen.“ Der Angriff füge der sowieso schon schlimmen Verunsicherung „eine weitere tiefe, Wunde“ hinzu. Meldestellen für Antisemitismus wie Rias sprechen seit 7. Oktober von einem Allzeithoch von dokumentierten antisemitischen Vorfällen. (mit dpa und epd)