Mehrfache Pionierin im Eiskunstlauf: Olympische Fahnenträgerin

Die Britin Mollie Phillips trug bei den Olympischen Winterspielen 1932 als erste Frau die Fahne ins Stadion – und war auch sonst häufiger die Erste.

Mollie Doreen Phillips hebt Schlittschuhe hoch

Mollie Phillips posiert mit Schlittschuhen im Vorfeld der Winterspiele 1948 Foto: imago

Sie war gar mehrfache Pionierin: erste Fahnenträgerin bei Olympischen Spielen, erste Frau, die in den Vorstand eines Sportverbands gewählt wurde und schließlich noch erste Kampfrichterin. Dass all dies geschehen würde, hätte Mollie Doreen Phillips vermutlich selbst nicht gedacht, als sie sich in den 1920er Jahren zum Jurastudium entschloss.

Phillips wurde 1907 in London geboren, die Familie betrieb eine derart erfolgreiche Gummi-Schuhsohlen-Manufaktur, dass der Markenname Phillips in England heute noch ein Deonym für Sohlen und Absätze ist.

Mollie war ein sportliches Kind, das sich vor allem für das Eiskunstlaufen interessierte. Trainiert wurde sie unter anderem von einem damaligen Starcoach, Howard Nicholson, der auch Sonja Henie betreute. Zusammen mit ihrem Partner Rodney Murdoch gewann Mollie Phillips 1933 die britischen Paarlauf-Meisterschaften, im selben Jahr wurden die beiden Dritte bei der EM. Kurz darauf musste Murdoch allerdings seine Karriere beenden, denn er war nach mehreren Handgelenksbrüchen nicht mehr in der Lage, Hebefiguren auszuführen.

Allerdings hatte Philipps zu diesem Zeitpunkt schon ihre Solokarriere begonnen, 1932 war sie bei den Olympischen Winterspielen in Lake Placid Neunte geworden und hatte als erste Frau überhaupt die Fahne getragen. Das lag vor allem daran, dass sie mit 24 Jahren die älteste britische Starterin war. Das gesamte Team bestand aus lediglich vier Eiskunstläufern, von denen drei minderjährig, die beiden jüngsten 13 und 11 Jahre alt waren.

Spaß bei herausragenden Vorstellungen

1939 wurde Phillips als weltweit erste Frau in den Vorstand der „National Skating Association“ gewählt. Die Freude der konservativeren Kollegen über ihre Berufung war nicht sehr groß, wie sie sich später erinnerte. Von solchen Details ließ sich die junge Frau aber nicht abhalten, genau die Position anzustreben, die sie gern haben wollte und kurze Zeit später wurde sie tatsächlich zur weltweit ersten Kampfrichterin ernannt.

Viel Zeit für Freude an der neuen Aufgabe blieb Phillips allerdings nicht. Anfang der 40er Jahre trat sie den Hilfstruppen der britischen Armee bei, welche Aufgaben sie dort bis 1944 genau verrichtete, ist jedoch unbekannt. Für die damalige Zeit typische Frauenjobs werden es nicht gewesen sein, die spätere Königin Elisabeth arbeitete damals beispielsweise als Lkw-Mechanikerin. Vielleicht war Phillips sogar mit geheimdienstlichen Aufgaben betraut. Ihr Vater war jedenfalls ab 1940 bei der „Special Duties Branch“ aktiv, in der Zivilisten für den Fall einer Invasion Großbritanniens durch die Nazis in Spionagetätigkeiten ausgebildet wurden. Ein im British Resistance Archive erschienener Nachruf auf Mollie Phillips enthält nur wenige Details über ihre Tätigkeit, mutmaßlich war sie als Funkerin ausgebildet worden.

1948 bei der Eiskunstlauf-WM in Davos hatte Phillips ihren ersten großen internationalen Auftritt als Kampfrichterin. Viermal, zuletzt in Sapporo 1972, vergab sie bei Olympischen Winterspielen Punkte. Insgesamt war sie bei rund 50 großen Sportereignissen dabei. Nichts habe ihr mehr Spaß gemacht, als eine herausragende Vorstellung mit einer 6.0 zu bewerten, sagte sie später.

Nebenher arbeitete Phillips ehrenamtlich in Wales als Friedensrichterin, war regionale Chefin der Pfadfinderinnen sowie ab 1961 Generalkommissarin für Einkommenssteuer. Dazu leitete sie einen Bauernhof, auf dem Milchvieh gehalten wurde und betätigte sich mit großem Erfolg als Züchterin. Sie starb am 15. Dezember 1994 im Alter von 87 Jahren in London.

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Schreibt nicht nur über Sport, sondern auch über Verschwörungsideologien, skandinavische Politik und Königshäuser. *** Die ersten Artikel für den taz-Sport gestalteten sich allerdings etwas schwierig: Mit den Worten "Wie, die schicken uns heute eine Frau?" wurde ich beispielsweise vor Jahren von einem völlig entsetzten Vorsitzenden eines Westberliner Fünftligavereins begrüßt. Da war er also, der große Tag, an dem über seinen Club in der taz berichtet werden würde, und dann das: Eine Frau! Ich antwortete ja, ich sei die Strafe und sofort war die Stimmung super. *** Und eines Tages werde ich über diesen Tag und andere, sagen wir: interessante Begegnungen mal ein Buch schreiben.

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