Kongo im Wahlkampf: Viel Schall, viel Rauch
Am 20. Dezember will Oppositionschef Moise Katumbi Kongos Präsident Felix Tshisekedi schlagen. Eindrücke vom Wahlkampfendspurt aus der Stadt Goma.
Von den 26 Präsidentschaftskandidaten haben weniger als die Hälfte es im Wahlkampf, der an diesem 18. Dezember endet, bis nach Goma geschafft. Wo Menschen über die Wahlen diskutieren, ist eine deutliche Polarisierung festzustellen: Entweder man ist für den aktuellen Präsidenten Felix Tshisekedi oder für den ehemaligen Katanga-Gouverneur und Unternehmer Moise Katumbi. Es ist, als ob die anderen Kandidaten gar nicht existieren.
Städtische Jugendliche neigen zu Katumbi, der als Kandidat des Wandels auftritt. Landesweit ist das überall dort zu beobachten, wo man sich von der Tshisekedi-Staatsmacht schlecht „bedient“ fühlt.
Zuneigung zu Felix Tshisekedi findet sich eher in ländlichen Gebieten und unter älteren Wählern, bei denen sein nationalistischer Diskurs mehr Anklang findet. Ethnische Führer mobilisieren ihre Gemeinschaften und Provinzen für Tshisekedi mit dem Argument, er habe sie in seiner Regierung gut berücksichtigt und das solle so bleiben.
ist Direktor von „Radio Tayna“ in Goma und leitet das „Collectif des Radios et Télévisions communautaires du Nord Kivu“
„Schenkt mir euer Vertrauen“
Auf Distanz zu Tshisekedi geht in Medien und Sonntagspredigen die einflussreiche katholische Kirche. So sagte der langjährige Bischof von Butembo-Beni in Nord-Kivu, Melchisedech Paluku Sikuli, einer der bekanntesten Kirchenführer Ostkongos: „Der Präsident, der die Wiederwahl sucht, war hier. Ihr habt ihn gehört. Was hat er Neues gesagt? Ich habe ihm zugehört, er hat nur Versprechen gemacht, die er bisher nicht gehalten hat.“
In ihren Wahlkampfreden verteidigen die Kandidaten der Regierungsparteien die Bilanz der vergangenen fünf Jahre: kostenlose Grundschulbildung, Reform der Hochschulbildung, Kampf gegen Betrug im Bergbau. Auch die M23-Rebellen finden Erwähnung. „Ich brauche euch am 20. Dezember, damit wir den Kampf um die Befreiung unseres Landes fortsetzen“, rief Tshisekedi in Goma. „Ich verspreche euch, dass dieser Kampf weitergeht, und wir werden unser Land von den M23-Terroristen entledigen, die ihr Führer Paul Kagame hergebracht hat“ – Kagame ist Ruandas Präsident.
„Schenkt mir euer Vertrauen und ich schenke euch die totale Befreiung!“, rief Tshisekedi. Er versprach auch kostenlose Oberschulbildung, ohne zu sagen, wie er das erreichen will. Das entspricht dem Vorwurf seiner Gegner, der Präsident sei ein „Spezialist für unhaltbarer Versprechungen“.
Ein weiteres Wahlkampfthema ist das Phänomen „wazalendo“. Die jungen „patriotischen“ Milizen aus lokalen bewaffneten Gruppen, die den Vormarsch der M23 aufhalten sollen, werden als Teil der Lösung des Sicherheitsproblems präsentiert. Manche Kandidaten aus dem Tshisekedi-Lager scheuen sich nicht, selbst als „wazalendo“ aufzutreten.
Die Opposition hingegen wertet die Bilanz der aktuellen Regierung ab. Moise Katumbi verspricht, er werde innerhalb weniger Monate das Sicherheitsproblem im Osten lösen, und sagt, der scheidende Präsident „jammert“, statt zu handeln. So kämpfe die Armee mit veraltetem Material. „Diese kleinen Suchoi-Jets aus den 1980er Jahren, sind das Kampfjets? Ich bringe euch F16! Wer angreift, wird angegriffen.“ Aber seine Gegner stellen Katumbi als Marionette des Westens dar. Sein jüdischer Vater oder die burundische Herkunft seiner Ehefrau werden ihm vorgehalten.
Konkrete Aussagen sind Mangelware
Etienne Kambale von der in der Wählerbildung aktiven Stiftung „Ansichten junger Afrikaner für Entwicklung“ zieht ein kritisches Fazit des Wahlkampfes. „Die Kandidaten erklären nicht, wie sie konkret zur Verbesserung der Lebensumstände der Bevölkerung beitragen wollen“, sagt er.
Ähnlich Rodrigue Bulambo vom „Netzwerk für organisatorische Innovation“: „Statt zu sagen, was sie für die Bevölkerung tun wollen, wenn sie gewählt sind, werben die Kandidaten mit ihrer ethnischen Zugehörigkeit um Stimmen“. Dies betrifft insbesondere die Wahlkämpfe auf Provinz- und Gemeindeebene.
Zur Frage, ob die Wahlen am 20. Dezember überhaupt geordnet stattfinden, versucht die Wahlkommission Ceni, Beruhigung zu verbreiten. Viele Wählerkarten, die vor Monaten ausgestellt wurden, sind mittlerweile unlesbar – aber die Wähler sollen trotzdem dort erscheinen, wo sie registriert wurden, erklärte die Ceni. In den dichtbesiedelten ländlichen Distrikten Masisi und Rutshuru rings um Goma gab es wegen des Krieges aber gar keine Wählerregistrierung, und so wird dort gar nicht gewählt werden können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!