piwik no script img

nachrufDirigent und Politiker Klaus Bernbacher lebte für die Musik

Klaus Bernbacher ist Anfang Dezember in Bremen gestorben, 92-jährig. Solch ein Lebensalter bringt es mit sich, dass der Name vielen nichts mehr sagt, viele seiner Zeitgenossen sind lange vor ihm gestorben. Ein „kluger Kopf, beherzter Macher und empfindsamer Gestalter“, schreibt der Deutsche Musikrat in seinem Nachruf. Bernbacher war Musiker, Dirigent, insbesondere Förderer der Neuen Musik. Er war aber auch ein streitbarer, eigenwilliger Zeitgenosse, der sich nicht nur in die Kulturpolitik mit kräftigen Worten einmischen konnte. Er saß vier Jahre in der Bremischen Bürgerschaft für eine Gruppierung mit dem längst vergessenen Namen „Arbeit für Bremen“ (AfB).

Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann würde an der Spitze der Bremer Teerhof-Insel ein gigantischer Konzertsaal mit dem Namen „Musicon“ stehen, ein Blickfang mit ambitionierter Architektur von Daniel Liebeskind, der Bremer Kulturetat wäre mindestens dreimal so hoch, Radio Bremen würde im gesamten norddeutschen Raum sein Kulturprogramm ausstrahlen. Und die CDU wäre in Bremen regierungsfähig, die SPD in der Opposition.

Wie eigenwillig Bernbacher getickt hat, lässt sich am besten mit seiner Frau beschreiben – ein Leben lang war er mit Christine Bernbacher verheiratet, der Gründungsmutter der Grünen, die sich selbst und ihr Temperament gern spöttisch als „Wuchtbrumme“ charakterisierte. Zwischen 1995 und 1999 saßen die beiden Bernbachers sogar zusammen getrennt im Parlament, er für die AfB, sie für die Grünen. Und die Ehe der beiden hielt das aus. Vier Kinder haben die Bernbachers großgezogen, vor allem sie.

Er war in Hannover aufgewachsen, Sohn eines Musikers, kam dann 1969 nach Bremen als Dirigent und Hauptabteilungsleiter Musik bei Radio Bremen. Die beiden Bernbachers waren musikbegeistert und überzeugte Sozialdemokraten in einer Zeit, in der Willy Brandt der Partei eine historische Bedeutung gab. Er hatte bereits 1951 die „Jeunesses Musicales“ gegründet, um den internationalen Kulturaustausch zu fördern: „Wir konnten kurz nach dem Krieg Verbindungen zu den Nachbarstaaten aufbauen. Das war ein großes Erlebnis“, sagte Bernbacher einmal. Er gründete mit anderen die „Tage der Neuen Musik Hannover“. Als in Bremen 1989 das Bremer Musikfest gegründet wurde, war Bernbacher stocksauer. Keine Bremer MusikerInnen sollten da auftreten, nur durchreisende Stars? Die Bremer würden behandelt wie „Arschgeigen“, posaunte Bernbacher. Er war der einzige, der den Frust der Bremer Musikszene offen artikulierte.

Über die Jahre war die sozialdemokratische Identität auch im Hause Bernbacher gebröckelt. Christine, die schon beim „Kampf gegen Atomtod“ mitmarschiert war, hatte 1979 die Grünen mitgegründet. Klaus Bernbacher ging eigene politische Wege, er schloss sich später AfB an, einer Abspaltung des eher rechten SPD-Flügels um den Sparkassen-Direktor Friedrich Rebers. Während die Grünen ihre machtpolitische Chance in einem Bündnis mit den Sozialdemokraten sahen, wollte Klaus das rot-grüne Bündnis verhindern. Da Henning Scherf 1995 die große Koalition wählte, trafen sich beide für vier Jahre in der Opposition wieder.

In Klaus Bernbachers Ärger über die wenig engagierte Kulturpolitik der CDU erklärte er einmal, dass nach vier CDU-Kultursenatoren („Alle nicht vom Fach“) das Amt doch besser in SPD-Hände übergehen sollte – trotz seiner grundsätzlichen Ablehnung der SPD. Während Christine Bernbacher im Alter Ehrenvorsitzende der Bremer Grünen war, wurde er Ehrenvorsitzender des Bremer Landesmusikrates und Ehrenmitglied des Deutschen Musikrates.Klaus Wolschner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen