leserInnenbriefe:
Liberale mit bizarren Verrenkungen
„Immer nochmal ein Eklat mehr“,
taz nord vom 15. 12. 23
Schon doof: Da setzt man Gaza mit dem Warschauer Ghetto gleich, insinuiert weiter, die israelische Armee sei wie die Nazis, schließt das Ganze mit dem Begriff der Liquidation und schon kommt die Meinungspolizei und möchte den freien Diskurs einschränken. Ich finde es schon interessant, wer sich da gerade wie äußert. Doch noch viel interessanter ist, wie zartfühlende Liberale diesen – man muss es doch aussprechen – faschistoiden Geschichtsrevisionismus unter bizarren Verrenkungen verteidigen. David Kind, taz.de
Kein konstruktiver Umgang
„Immer nochmal ein Eklat mehr“,
taz nord vom 15. 12. 23
Leider erinnert Masha Gessens Essay im New Yorker sehr an das sonst von rechten Kulturkämpfern geäußerte: „Man wird ja doch mal sagen dürfen“. Man darf alles sagen, aber es kann eben rein faktisch falsch sein, was man da teilweise von sich gibt und die Grenzen eines konstruktiven Umgangs mit Themen überschreiten. Und es darf eben auch kritisiert und als Holocaust-Relativierung analysiert werden. Der ganze Text ist durchzogen von Holocaust-Vergleichen, wie Gaza sei dem Warschauer Ghetto vergleichbar. Dazu die These, die Vergangenheitsbewältigung hier ginge in eine autoritäre Richtung.
Man fragt sich, ob Holocaust-Vergleiche den Nahost-Konflikt in irgendeiner Weise lösen helfen. Was in dem Essay fehlt ist z. B. die Reflektion über die reale Gefahr für hier lebende Juden und Jüdinnen durch israelbezogenen Antisemitismus und Holocaust-Relativierungen. Karla Kolumna, taz.de
Das Gerede von der Staatsräson
„Politisches Denken im Hinterhof“,
taz nord Stresemannstraße 23 22769 Hamburg briefe@taz-nord.de www.taz.de
Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leser:innenbriefen vor.
Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
taz nord vom 18. 12. 23
Warum über Hamas reden? Dass eine bewaffnete Gruppe, die Gräueltaten verübt, mit allen polizeilichen und auch militärischen Mitteln verfolgt und dingfest gemacht werden muss, ist für jeden rechtlich denkenden Menschen selbstverständlich. Darüber, dass ihre Taten juristisch verfolgt und abgeurteilt werden müssen, brauchen zivilisierte Menschen nicht viele Worte verlieren. Um so mehr reden müssen wir über die Mittel, mit denen der jeweilige Rechtsstaat dies tut. Ein Staat, der glaubt, sich in der Verfolgung von Verbrechen über internationale Rechtsnormen hinwegsetzen zu dürfen, delegitimiert sich selbst. Dies haben wir beim Agieren der USA in verschiedenen Konflikten beobachten müssen und das ist leider auch mit Israels Feldzug in Gaza unter Netanjahu zu beobachten. Wer meint, durch den Vergleich von Israel und Hamas das Vorgehen der israelischen Armee rechtfertigen zu können, erweist Israel einen Bärendienst!
Ein Senator Fecker, der der Enkelin von Ghettoüberlebenden Geschichtsvergessenheit vorwirft, ist ein würdiger Vertreter einer bundesdeutschen Politikerkaste, die sich mit ihrem Gerede von Staatsräson in Geiselhaft einer rechtsnationalen Clique in Israel begeben hat. Diese und ihre internationalen Follower sind es, und nicht etwa israelkritische jüdische Intellektuelle, die den Antisemitismus weltweit durch ihre absurde Haltung befeuern.
Hans-Joachim Streicher, Bremen
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