Ex-MDR Intendantin Karola Wille: Meerschweinchen und Vorsitzende
Die MDR-Intendantin wurde diese Woche offiziell verabschiedet. Der „fleißigen Wille“ wurden in der Intendanz einige Brocken in den Weg gelegt.
In ihrem nächsten Leben, hat Karola Wille manchmal gesagt, werde sie entweder Vorstandsvorsitzende oder Meerschweinchen. Ei gugge, rufen wir da. Denn das nächste Leben läuft seit Mittwoch. Der MDR muss ohne Wille klarkommen. Über 30 Jahre bei der Anstalt, davon die letzten 12 als Intendantin, haben Wille wie den MDR geprägt. Disclaimer: Ich war seit 2016 mit dabei, erst als Sprecher im ARD-Vorsitz 2016/17, dann bis diesen Sommer als Mitarbeiter.
Als sie 2011 gegen den ausdrücklichen Befehl der damals beim MDR übermächtigen Sächsischen CDU und ihrer Staatskanzlei in Dresden Intendantin wurde, hatten sie ihr alles in den Weg geschmissen, was weißen Westmännern so einfällt. Ihre Ostbiografie und ehemalige SED-Mitgliedschaft, ihre Tätigkeit als juristische Direktorin und stellvertretende Intendantin während der „lustigen“ MDR-Skandalzeit unter Intendantennudel Udo Reiter.
Doch solche Malefiz-Steinchen räumte Wille mal mehr, mal weniger gelassen aus dem Weg. Über Stöckchen ist sie auch danach nie gesprungen. Unvergessen, wie sie den damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) gleich dreimal auflaufen ließ. Da mühte sich der Bayerngott in der Münchner Residenz, doch Wille blieb stoisch. Und Seehofer schlug als Rache kurz danach mal wieder die Fusion von ARD und ZDF vor.
Selbst machen war ihre Devise
Doch so was ließ Wille erst recht kalt. Von der Politik erwartete die Frau, die am eigenen Leib gelernt hat, was Medien und Demokratie zusammenschweißt, auch im wiedervereinigten Deutschland nicht so schrecklich viel. Selbst machen war ihre Devise.
An die Nieren gingen ihr daher ihre Intendantenkolleg*innen, wenn die mal wieder verzagten, statt mit ihr nach vorn zu marschieren. Böse Zungen behaupten, BR-Intendant Ulrich Wilhelm sei 2018 bloß ARD-Vorsitzender geworden, um Willes Reformvorschläge und die öffentlich-rechtliche Uhr wieder zurückzudrehen.
Auf solche Hahnenkämpfe hat sich Wille nie eingelassen. Sie war sich selbst dann zu fein, öffentlich zu werden, wenn sie grob gefoult wurde. Das gab ihr manchmal auch etwas Abgehobenes und Unnahbares. Und dann noch dieser Arbeitseifer! Eine Chefin, die bis 1 Uhr früh verlässlich jede Mail beantwortet? Muss man mögen und mithalten können. Wobei sich mit Karola Wille auch wunderbar wohltemperierter Quatsch machen lässt.
Und dann noch dieser Arbeitseifer!
Dass die Schweißnähte von Gesellschaft, Medien und Demokratie nicht nur, aber vor allem im MDR-Land jetzt so unter Spannung stehen, hat Wille früh gesehen und sichtlich mitgenommen. Und sie wäre nicht Karola Wille, wenn sie diese Aufgabe nicht mitnähme in das, was andere vielleicht „Rente“ nennen.
„Ach das ist gut, dass sie ’ne 24/7 Rufbereitschaft als MDR-Beraterin bekommt“, sagt die Mitbewohnerin. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Mitteldeutschen Meerschweinchenfreunde erst gar nicht anzurufen brauchen. Auch wenn bei ihnen gerade ein Vorstandsposten frei sein sollte.
Leser*innenkommentare
Offebacher
Die Arbeit von Frau Wille kann ich nicht beurteilen, dafür weiß ich vom MDR viel zu wenig. Aber etwas Allgemeines: wenn Vorstände und insbesondere Vorstandsvorsitzende in Rente gehen, bekommen sie immer häufiger noch einen gut dotierten Beratervertrag bei ihrer ehemaligen Firma (egal, ob öffentlich-rechtliche oder private Gesellschaften). Wieso eigentlich - die Rente/Pension müsste für diese Personen mehr als auskömmlich sein.