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Am Gemeinwohl orientiert, statt Gewinn zu maximieren

Nachhaltiges Bauen hat viele Facetten. Dazu passt auch das gemeinschaftliche Investieren, etwa durch Genossenschaften

Vauban: hohe Wohnqualität und umweltgerechte Stadtplanung   Foto: Winfried Roth/picture alliance

Von Bernward Janzing

Auch beim Bauen hat das Thema Nachhaltigkeit viele Facetten – eine davon ist der sparsame Umgang mit Fläche. Ein Musterbeispiel in dieser Hinsicht ist der Freiburger Stadtteil Vauban, der trotz oder wegen seiner Ökobauweise zugleich hochverdichtet ist. Pro Hektar Siedlungsfläche wohnen in dem Areal 126 Personen. Das ist sogar mehr als im Freiburger Hochhaus-Stadtteil Weingarten, der auf nur 98 Personen je Hektar kommt.

Während man in Freiburg-Weingarten in die Höhe baute, zugleich aber in klassischer 1960er-Jahre-Manier die dadurch gewonnene Fläche wieder für breite Straßen verschwendete, hat man beides in Vauban unterlassen. Man begnügte sich dort oft mit vier Geschossen, hat zugleich aber die Straßen auf ein Minimum reduziert. Das ließ trotz der Verdichtung viel Raum für Privatgärten und Grünzüge. So erzielte man abseits der reinen Ökokriterien der Gebäude – von Baustoffen bis zu Energiebilanzen – auch eine Wohnqualität, die so hoch ist wie in kaum einem anderen hochverdichteten Stadtteil in Deutschland.

Zugleich wurden in Vauban auf vielfältige Weise gemeinschaftliche Bauformen praktiziert, unter anderem durch die Vaubanaise eG. Somit ergibt sich ein rundes Bild des nachhaltigen Bauens: eine hohe Wohnqualität durch umweltgerechte Stadtplanung und ökologisches Bauen, das gute soziale Miteinander sowie eine gemeinschaftliche Finanzierung der Objekte samt Mitbestimmung für alle beteiligten Akteure.

Entsprechend sind nachhaltig orientierte Immobilien im Spektrum der grünen Investments stets ein wichtiges Segment. Deutschlandweit gibt es immer wieder Neubauprojekte, die mit genossenschaftlichem Kapital explizit solchen Wohnraum schaffen, der möglichst viele Nachhaltigkeitskriterien erfüllt.

Zu den Akteuren in diesem Markt zählt die Oekogeno eG, eine Nachfolgegesellschaft der einstigen Ökobank. Sie schreibt, sie wolle „bundesweit Wohnraum der Spekulation entziehen und Menschen langfristig bezahlbares, selbstbestimmtes und vielfältiges Wohnen ermöglichen“. Die geschehe „gemeinwohlorientiert statt Gewinn maximierend“. Für die einzelnen Bauprojekte gründet die Dachgesellschaft zumeist eigene Genossenschaften.

Unter den jüngeren Projekten ist eines im württembergischen Nürtingen. Der Projektierer hebt vor allem die soziale Durchmischung der Bewohnerschaft und sein Inklusionskonzept hervor: Das Objekt sei geplant für „Familien, Paare und Singles, jung und alt, Menschen mit und ohne Handicap“.

Ein weiteres Objekt der Oekogeno ist ein genossenschaftlicher Bau im südbadischen Waldshut-Tiengen mit 23 Wohnungen. Wer in einer davon wohnen möchte, muss Mitglied der eigens für dieses Projekt gegründeten Genossenschaft sein. Die Einstiegshürden sind gering: Lediglich einen Anteil an der Genossenschaft im Wert von 100 Euro muss man zeichnen, um sich für eine Wohnung bewerben zu können. Fördergenossen, die weniger auf das Wohnrecht als auf eine Rendite setzen, müssen mindestens zehn Anteile an der Genossenschaft zeichnen.

Längst gibt es eine Vielfalt an Projekten in Deutschland, die mit „grünem Geld“ in Gemeinschaftsprojekten Wohnraum geschaffen haben. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) benennt auf Nachfrage drei Musterprojekte, die Gewinner oder Nominierte des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Architektur waren und zugleich keinen klassischen Investor, sondern eine Baugemeinschaft im Hintergrund hatten.

In Münchner Stadtteil Schwabing-Freimann entstand ein Ensemble von Passivhäusern im Eigentum der Genossenschaft Wagnis eG. Dieses besteht aus 138 Wohnungen, aber auch Praxisräumen und Büros. Das selbstverwaltete und -bewirtschaftete Projekt sei in einem „sehr intensiven partizipativen Prozess“ entstanden, heißt es.

Schmale Straßen und vier Geschosse: trotz Verdichtung viel Raum für Privatgärten und Grünzüge

Als weitere Musterbeispiele benennt die DGNB die Baugemeinschaft MaxAcht in Stuttgart, die ihr Objekt als „urbane Baumhöhle“ bezeichnet. Dieses sei „das erste viergeschossige Wohnhaus in leimfreiem Massivholz in Stuttgart“. In Leipzig schuf außerdem eine Bauherrengemeinschaft als GbR das Z8, das nach eigenen Angaben erste fünfgeschossige Wohn- und Geschäftshaus in Holzmassivbauweise in Sachsen.

Während die Entwicklung von ökologischen Baustoffen in den letzten Jahren erkennbare Fortschritte gemacht hat, dürfte das Thema flächensparendes Bauen in der Nachhaltigkeitsdebatte erst noch an Bedeutung zunehmen. In der Schweiz, wo das Wort „Dichtestress“ im Zusammenhang mit der immer weiter fortschreitenden Zersiedelung der Landschaft längst zum Alltag gehört, ist man in dieser Debatte schon ein ganzes Stück weiter.

Das Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung der ETH Zürich beklagte schon vor Jahren die „flächenintensive Siedlungsentwicklung“, die „unerwünschte ästhetische, ökologische, ökonomische und soziale Folgen“ habe. Wolle man „die Handlungsspielräume kommender Generationen nicht einschränken“ – klassisches Ziel der Nachhaltigkeit –, so sei „die Begrenzung der Siedlungsflächen die logische Konsequenz“. Womit ein wichtiger Hebel für nachhaltiges Bauen dann bei den Stadtplanern liegt – wie eben in Vauban.