wortwechsel: Ein autofreundliches Land bald ohne Migration?
Die Verschärfung deutscher Migrationspolitik entsetzt LeserInnen der taz, aber Länder und Kommunen brauchen staatliche Unterstützung. Deutschland ist eine Autorepublik.
Zivilbevölkerung
„Der genaue Blick“,
wochentaz vom 28. 10. – 3. 11. 23
Liebe taz, liebe Frau Tricarico,
Ihren Brief an die Leserinnen, in dem Sie die Aufgabe der taz in diesen Krisenzeiten darstellen, kann ich gut nachvollziehen. Ich bin froh, dass die taz so sorgfältig agiert. Nur eines ist mir unverständlich: Warum wird in der Aufzählung der Krisen zum Schluss (und zu Recht) der brutale Angriff der Hamas genannt, nicht aber der nicht weniger brutale Gegenschlag Israels? In beiden Fällen trägt das Leid die Zivilbevölkerung. Und dieses Leid ist nicht abwägbar. Im Grunde wissen wir alle, dass Hass nicht durch Hass besiegt, sondern verstärkt wird. Die israelische Gesellschaft ist hoch entwickelt und gut mit anderen Staaten in der Welt vernetzt. Kann die Regierung auch friedliche Mittel einsetzen, um sowohl der eigenen Bevölkerung als auch der sowieso schon geschundenen Zivilbevölkerung im Gazastreifen Leid zu ersparen und den Friedensprozess am Laufen zu halten und zu verstärken?
Sabine Bartels, Michendorf
Zeitfragen
„der check“,
wochentaz vom 28. 10. – 3. 11. 23
Im Artikel „Spart das Zeitumstellen Energie?“ schreibt die taz, die EU sei sich noch nicht einig, ob die Zeitumstellung zugunsten der „Sommer- oder der Winterzeit“ abgeschafft wird. Der Begriff „Winterzeit“ wird zwar oft gebraucht, ist hier aber falsch. Richtig ist hingegen, dass bisher zwischen der mitteleuropäischen Normalzeit (MEZ) und der mitteleuropäischen Sommerzeit (MESZ) umgestellt wird. Wobei sich die MEZ am Sonnenstand in unserer Zeitzone orientiert, was einige Vorteile hat.
Der fälschlicherweise verwendete Begriff „Winterzeit“ suggeriert hingegen, es ginge dabei ebenfalls um eine von der Normalzeit abweichende Zeiteinstellung. Deshalb plädiere ich immer dafür, die beiden Zeitmodelle korrekt mit Sommerzeit und Normalzeit zu benennen.
Rolf-Dieter Lucius, Bielefeld
Migration
„Warmes Herz, kühler Kopf“,
wochentaz vom 28. 10. – 3. 11. 23
Nachdem uns nun schon monatelang alle Blätter warnen, vor den „Massen“, die kommen und unser armes Land „überschwemmen“, die uns die Wohnungen, Sporthallen, Schulen und Kita-Plätze wegnehmen, sagt es nun also auch ein Grüner in der taz: „Es kommen derzeit zu viele Geflüchtete“. Fakt aber ist: Es kommen derzeit viel weniger Schutzsuchende als 2015, 2016 oder 2022.
Weiter sagt er: „Es kommen zu viele Menschen zu uns, von denen sehr viele keine Bleiberechtsperspektive haben.“ Fakt ist: Die Hauptherkunftsländer von Asylsuchenden sind Syrien, Afghanistan und die Türkei. Die Schutzquote insgesamt liegt derzeit bei über 70 Prozent (Quelle: Pro Asyl). Natürlich ist klar, dass etliche Kommunen in Deutschland vor großen Problemen stehen: Preiswerter Wohnraum fehlt, Kita-Plätze fehlen, die Situation an Schulen … Sanierungsstau und Personalmangel allerorten. Dafür sind aber nicht diejenigen verantwortlich, die zu uns kommen, um Schutz zu suchen. Ach ja, Personalmangel, hm, was war nochmal gleich die Lösung für Arbeitskräftemangel? Richtig: Migration.
Helga Guthmann, Bobenheim-Roxheim
Geflüchtete
„Warmes Herz, kühler Kopf“,
wochentaz vom 28. 10. – 3. 11. 23
Ich verstehe diese Positionierung aus den Kommunen. Sie arbeiten wirklich direkt mit den Menschen. Ich persönlich arbeite, wie viele andere KollegInnen auch, in der Migrationsarbeit. Nicht aus Idealismus, sondern weil mich diese Arbeit interessiert. Ich schreibe das, um klar zu machen, dass es bei der Kritik an den gegenwärtigen Maßnahmen nicht um Traumtänzerei geht, wie der Artikel nahelegt.
Es gibt gute Gründe, mit kühlem Kopf gegen staatliche Repressionen gegenüber Geflüchteten zu streiten, gegen Einschränkungen beim Asylrecht und gegen Verfahren an den EU-Außengrenzen (Prozeduren, die Sebastian Kurz vorgeschlagen hat). Stavros auf taz.de
Verpasste Chance
„Neue deutsche Härte“,
wochentaz vom 28. 10. – 3. 11. 23
Meines Erachtens hätte sich die Aufregung über angeblich zu viele Migranten schnell einhegen lassen, wenn die Bundesregierung der Forderung von Ländern und Kommunen nach finanzieller Unterstützung für die Aufnahme von Migranten nachgekommen wäre. Dann wäre das Thema erst gar nicht hochgekocht. Stattdessen lässt sich die Koalition von CDU/CSU vor sich hertreiben und CDU/CSU von der AfD.
Aber wenn die Schuldenbremse wichtiger ist als ein menschenwürdiger Umgang mit Migranten, muss niemand erstaunt sein, dass der einzige Profiteur die AfD ist.
Bernd Willenberg, Bergisch Gladbach
„Autorepublik“
„Das Auto ist ein Objekt der Unterdrückung und Bedrohung. Es ist ein Fetisch, der Gerechtigkeit aussticht“,
wochentaz vom 28. 10. – 3. 11. 23
Der im Artikel geschilderte Fall des durch einen rücksichtslosen Autofahrer getöteten 11-jährigen Mädchens ist ein schlimmer Mosaikstein unserer autofahrerfreundlichen Rechtsprechung. Dieser Fall unterstreicht einmal mehr, dass Deutschland keine „Bananenrepublik“ – sondern, noch schlimmer, eine „Autorepublik“ ist. Unsere skrupellose und betrügerische Automobilbranche hat mit dem Dieselbetrug unsere Justiz einfach durch die gigantische Größe des Betrugs regelrecht überflutet und heillos überfordert.
Gunter Kalinka, Jüchen
Autoverkehr
„Fetisch, der Gerechtigkeit sticht“,
wochentaz vom 28. 10. – 3. 11. 23
Ja, dann aber auch den ÖPNV auf dem Land so ausbauen, dass der Bus nicht nur zweimal am Tag kommt. Vom Bahnanschluss ganz zu schweigen. Oder soll die Landbevölkerung mit Anstand verhungern oder von dem Leben, was die Anbaufläche hinterm Haus hergibt? Es gibt auf der Welt nicht nur Berlin-Mitte.
Radelnde auf taz.de
@Radelnde
Was hat der ÖPNV auf den Land damit zu tun, dass sich ein Autofahrer im dichten Stadtverkehr offensichtlich nicht bewusst darüber ist, welche Gefahr sein Gefährt für andere Menschen bedeutet? Dass er nicht in der Lage ist, sich an die elementaren Verkehrsvorschriften wie angepasste Geschwindigkeit, so dass man niemanden behindert oder gefährdet, Geschwindigkeitsbegrenzungen und rote Ampeln zu halten? Um den Preis eines jungen Lebens? Life is Life auf taz.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen