SPORTPLATZ: Probleme mit der Egoshow
BASKETBALL Der mühsame Heimerfolg gegen Braunschweig zeigt Albas Schwächen auf
Am Ende waren die Meinungen bei den Beteiligten geteilt, wie man den 79:64-(36:34)-Heimerfolg von Alba Berlin gegen Braunschweig in der Arena am Ostbahnhof einordnen sollte. Für Trainer Gordon Herbert war es ein netter Sieg, für Aufbauspieler Heiko Schaffartzik eine Rehabilitation für die Niederlage in Bamberg eine Woche zuvor. Wirklich begeistert wirkte er nicht. Es war ein mühsamer Arbeitssieg, in dem Alba lange den Rhythmus nicht fand. Das lag vielleicht daran, dass es das letzte Spiel der Punkterunde war und es für Alba um nichts mehr ging: Platz drei stand schon fest.
Aber das Ende ist zugleich auch der Start. Denn mit den Play-offs beginnt die Saison erst richtig. Deshalb gehen die Ansichten über ein solches Vor-Play-off-Spiel auch auseinander. „Natürlich wünscht man sich, dass ein solches Spiel mit allerhöchster Konzentration gespielt wird“, meint Manager Marco Baldi. Und Schaffartzik ergänzt: „Normalerweise läuft in so einer Phase alles aus einem Guss.“ Das war aber nicht der Fall und irgendwie typisch für diese Saison. Alba hat eine Berg-und-Tal-Fahrt hinter sich und ist gelegentlich eine Wundertüte. Neben fast meisterlichen Auftritten gab es unerklärlich schwache Spiele. Erst vor einigen Wochen hatte Alba gegen ebenjene Braunschweiger in eigener Halle den Einzug ins Pokal Final Four verspielt.
Auch am Sonnabend wurde das Problem der Berliner zeitweise sichtbar. Wenn es nicht so gut läuft, neigen einige Spieler zur Egoshow. Mannschaftsspiel findet dann nicht mehr statt. Doch nur wenn das Team geschlossen auftritt, zusammen verteidigt und die Systeme spielt, ist Alba ein Spitzenteam.
So wurde Alba nur Dritter. Als Tabellenführer geht wieder Klassenprimus Bamberg in die Play-offs. Die haben sicherlich den stärksten Kader und sind das Maß aller Dinge. Tabellenzweiter wurde Ulm. Die Schwaben sind nicht nur die Überraschung der Liga und sehr heimstark, sie könnten auch im Halbfinale Alba-Gegner sein.
Zuvor muss Alba im Viertelfinale Würzburg schlagen. „Ein spezieller Gegner“, wie Baldi findet. Und ein Duell mit Vorgeschichte. Schon in der Saison lieferten sich beide Teams verbale Scharmützel. Der Grund: das harte Spiel der Franken. Das hält Baldi für extrem grenzwertig. Der Manager respektiert die Aufbauarbeit des Aufsteigers, lobt die Fans und die Stimmung in der Halle – aber das zu physische Spiel, immer an der Grenze des Legitimen, ist für ihn der falsche Weg, Basketball zu spielen. „Wahrscheinlich wird man mich dafür in Würzburg steinigen“, glaubt er. So erwarten die Berliner ein sehr hartes Duell, das ihnen alles abverlangt. „Neben Bayern München sicherlich der härteste Gegner, den wir bekommen konnten“, findet Center Yassin Idbihi, der sich gegen Braunschweig in blendender Form präsentierte und mit 18 Punkten erfolgreichster Alba-Akteur war. Er glaubt an einen „geilen Fight“ gegen Würzburg.
Aber Alba will Meister werden, deshalb muss Würzburg geschlagen werden. Und die Berliner sind der klare Favorit. Allerdings interessiert die bisherige Saison nun keinen mehr. „Alle Vorsätze und Vorzeichen können im ersten Play-off-Spiel innerhalb einer Sekunde Makulatur sein“, glaubt Baldi. Alba glaubt aber an sich, glaubt an die eigene Qualität. Baldi hofft, dass das Wort „Play-off“ allein schon für die nötige Wachsamkeit sorgen wird. Nur wenn Alba seine Tugenden abruft, können die Berliner weit kommen. „Das, was wir wollen, wollen andere genauso“, meint Baldi. Und das ist: deutscher Meister werden.
NICOLAS SOWA
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