gutes vorbild
: Globale Küche: Im Bremer Theater kochen jetzt Menschen mit Fluchterfahrung

Die Menschen am Theater Bremen sind glücklich – vor allem der Betriebsrat des Hauses, der ein Kerngeschäft der vergangenen Jahre los ist: Endlich gibt es in der Kantine wieder gutes Essen. Und selbst die Gas­tro­no­m*in­nen in der Umgebung des Theaters am Bremer Goetheplatz dürften das Projekt „Lichtgrenze“ nicht allzu schlimm finden: Die Kantine ist im Keller; kaum auffindbar, wenn man nicht von ihr weiß.

Auch die Mitarbeitenden in der neuen Kantinen-Crew mögen ihren neuen Job. Unter ihnen ist Homa Vakh­shi­neh, eine Frau aus dem Iran. Sie ist die erste Praktikantin mit Fluchterfahrung. Bald sollen sechs von ihnen hier arbeiten, jeweils für ein halbes Jahr. Sie können hier Deutsch lernen und die Arbeit in der Gastronomie. Der Einstieg in den Arbeitsmarkt soll mit diesen Erfahrungen und einem Zertifikat leichter werden – in einem Bereich, der seinerseits ja auch händeringend nach Personal sucht.

Der einzige Haken, wenn man denn unbedingt einen finden will: Hier wird nur einer Handvoll Geflüchteter geholfen. Und auch nur solchen, die bereits beim Jobcenter bekannt sind – ein Praktikum kann nur machen, wer einen Bildungsgutschein bekommt. Doch das Bürgerzentrum Neue Vahr, Koordinator des Projekts und seit Jahren etabliert in dem Bremer Stadtteil mit viel Armut und Arbeitslosigkeit, bietet dort noch mehr an: niedrigschwellige Sprachkurse, das Café Global zur Vernetzung Geflüchteter und Ehrenamtlicher, einen Upcycling-Laden. Und auch in der Theaterkantine gibt es mehr als Essen: Auch hier soll das bewährte Café Global stattfinden, dazu Kulturveranstaltungen wie Tanzkurse oder Lesungen, passend zum aktuellen kulinarischen Monat – arabisch, südamerikanisch, mediterran.

Seit Kurzem wurschteln sich die Mitarbeitenden vom Bürgerzentrum, der neue Koch Robert Schadeweg und der Koordinator beim Theater Rami Abou Asse hier zurecht. Bis Ende des Jahres etwa sollen die Praktikumsplätze dann alle belegt sein. Schmecken tut es bereits jetzt: Die Falafelbällchen sind perfekt, der teils vegane Dip und das frische Brot ebenfalls – und günstig. Ein Hauptgericht gibt es für 6,30 Euro, eine kleine „German Stulle“ für 2,20 Euro. Und wer keine Lust auf kulinarische Weltreisen hat, nimmt das „Normalo-Essen“ wie zum Beispiel Spitzkohlpfanne mit Kartoffeln und Kümmel.

„Wir möchten die verschiedenen Menschen im Theater persönlich ansprechen“, erklärt Abou Asse. Vielfalt gibt es nicht nur in der Küche, sondern auch im Rest des Hauses. „In der Kantine können sich die verschiedenen Kulturen kennen lernen.“

Gutes/schlechtes Vorbild

Was woanders richtig gut läuftoder gerade auch nicht, findetauf jeden Fall hier seinen Platz.

Der Raum, in dem vier große Tische und eine Sofaecke Platz haben, wurde von einer Betriebsrätin gemeinsam mit den Azubis in Sachen Beleuchtung und Gemütlichkeit aufgehübscht. Durch Glasfenster können die Gäste in die Küche schauen und beim Kochen zusehen. Oder sie schauen die Gäste an: Schauspieler im Kostüm; pinkfarbiger Anzug und Glitzer-High Heels.

Saher Khanaqa-Kükelhahn vom Bürgerzentrum Neue Vahr, Projektleitung von „Lichtgrenze“, hofft aufs politische Signal: Wenn Integration gelinge, könne das der Stimmung gegenüber geflüchteten Menschen entgegenwirken. „Wir müssen Menschen mit Fluchterfah­rung da einsetzen, wo sie gebraucht werden.“ Arbeit und Spracherwerb zu verbinden sei naheliegend. „Viele Kompetenzen können nicht ausgeschöpft werden, wenn die Sprache fehlt.“ Alina Götz