Eine Frage der Sichtweise

Die Einschätzungen, wie bedroht Kulturprojekte von Kürzung sind, gehen im zuständigen Ausschuss des Abgeordnetenhauses stark auseinander

Von Stefan Alberti

Reden die da in Raum 311 des Abgeordnetenhauses über dieselbe Sache? Während der Grünen-Abgeordnete Daniel Wesener am Montagnachmittag nachhhaltigen Schaden für die Kulturszene Berlins befürchtet und seine Kollegin Daniela Billig sich gerade um kleinere Projekte sorgt, sieht man das bei der CDU im Kulturausschuss deutlich anders. „Kultur ist eine wesentliche Ressource dieser Stadt, und das wird auch so bleiben“, sagt deren Kulturexperte Robbin Juhnke.

Befürchtungen massiver Kürzungen waren zuletzt lauter geworden, die angeblich von der schwarz-roten Koalition angestrebte „Resilienz“ der Kulturszene, also Bestandsfähigkeit, wurde stark hinterfragt. Wesener, bis April noch Finanzsenator, rechnete in der Debatte vor, wie schlecht der jetzige Entwurf gegenüber früheren dasteht: Zum ersten Mal seit Jahren wachse der Kulturetat weniger an als andere Fachhaushalte. Der Grüne rief seine Ausschusskollegen von CDU und SPD auf, die vom Senat geplanten Kürzungen nicht zu übernehmen – so hätten das auch die schwarz-roten Abgeordneten im Bildungsausschuss gemacht.

Aus Sicht von CDUler Juhnke stellt sich das wesentlich entspannter dar. So soll es auch nicht stimmen, dass beim Dokumentationszentrum Topographie des Terrors 200.000 Euro gekürzt würden: Das Geld ist laut Juhnke an einer anderen Stelle des Haushalts noch mal vorgesehen – „nicht dass jemand denken könnte, dass eine Schwächung der erinnerungspolitischen Arbeit gemeint sein könnte“, sagte Juhnke.

Forderungen der Opposition, jetzt Kosten für einen möglchen Umzug der Zentral- und Landesbibliothek in den Haushalt einzurechnen, wies er zurück: Die Prüfung eines solchen Umzugs soll erst im November abgeschlossen sein, Geld dafür schon jetzt einzuplanen sei darum unseriös.