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ANDREAS FANIZADEH LEUCHTEN DER MENSCHHEITGregor in Afghanistan

Verteidigungsminister Jung war schon neunmal in Afghanisten. Gregor Gysi kein einziges Mal, wie er bei Anne Will in der Talkshow am letzten Sonntag einräumen musste. Jung (CDU) ist für, Gysi (Die Linke) gegen den Einsatz der deutscher Truppen dort. Sollte sich der Ostchef der deutschen Linken nun nicht dringend durch eine Reise bald weiterbilden?

Nun ja … Zu empfehlen wäre zunächst – wie so oft in solchen Fällen – die Hinzuziehung theoretischen Materials. „Für Männer gilt es, daß selbst in größter Hitze kurze Hosen unschicklich sind“, schreibt „Mai’s Weltführer Nr.13 – Afghanistan“. Das Buch von 1970 klingt auch sonst erstaunlich aktuell. „Der Genuß von ungeschälten Früchten, Tomaten, aber auch von Salat ist tunlichst zu vermeiden.“ Es drohe die Amöbenruhr – „bei starker Erkrankung 40 bis 50 Stuhlentleerungen täglich“!

Das Auswärtige Amt nennt heute die Cholera, die in Kabul immer wieder Sorge bereite. Was soll also ein Herr Gysi tun, der sagt, er wolle auf keinen Fall „embedded“, klinisch-militärisch mit der Bundeswehr durch Afghanistan traveln? Sehr schwierig. „Beabsichtigt man in das Innere des Landes weiterzureisen, so muß man sich vergewissern, ob das Ziel genehmigungspflichtig ist“, hieß es schon vor 40 Jahren. Und: „Nur in bewohnten Gegenden zelten!“ Leichter gesagt als getan für einen deutsche Spitzenpolitiker. „In ganz Afghanistan besteht das Risiko, Opfer einer Entführung zu werden“, sagt das Auswärtige Amt in seinen Reisewarnungen. Selbst in der Hauptstadt Kabul könnten „Überfälle und Entführungen auch tagsüber nicht ausgeschlossen werden“.

Doch bleibt dem Nichtreisenden auch vieles verschlossen. „In Kabul tritt die unverschleierte Frau in das öffentliche Leben: sie geht in das Büro, in Laboratorien, ist auf der Universität und auch im Parlament vertreten,“ so der Reiseführer von 1970.

Was also tun, Herr Gysi?

■ Der Autor war noch nie in Afghanistan. Er leitet das Kulturressort der taz Foto: privat

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