orte des wissens
: Erben der Aufklärung

Die Naturforschende Gesellschaft zu Emden setzt sich seit 1814 für Naturwissenschaften und ihre Vermittlung ein

Eine kleine Teeküche, ein Büro, in dem auch die Käfersammlung untergebracht ist, dazu ein kleiner ehemaliger Sitzungsraum, in dem heute die Ergebnisse von Experimenten der Physik-AG lagern, und schließlich ein Vortragssaal mit 85 Stühlen: Im Erd- und Untergeschoss eines roten Klinkerwohnhauses aus den 1980ern in der Grasstraße 1 residiert die Naturforschende Gesellschaft zu Emden von 1814 – „eine der ältesten kulturellen Institutionen Ostfrieslands“, wie sie stolz auf ihrer Internetseite schreibt. Am selben Ort stand einst das Nordseemuseum der Gesellschaft, das 1943 bei alliierten Bombenangriffen zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde.

Ein altrechtlicher Verein sind die Naturforschenden, nicht im Register eingetragen, aber nach dem Vereinsrecht behandelt. Rund 140 Mitglieder hat die Gesellschaft, Fachgruppen und Arbeitskreise. Vor Corona gab es ein umfangreiches Programm mit Vorträgen, Exkursionen und Forschungsabenden, das nun wieder anlaufen soll.

Die Naturforscher:innen haben zwei Ziele: die „Förderung der Naturkunde, der Kenntnis der Naturgeschichte, der Naturwissenschaften im Allgemeinen, der Forschung und der Lehre und die Verbreitung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse auch auf dem Gebiet des Schutzes der Natur, der Landschaft und der Umwelt“. Und zum anderen die „Förderung des wissenschaftlichen Austausches über die Grenzen der naturwissenschaftlichen und technischen Fachdisziplinen hinweg und Vermittlung von Faszination und Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnis gegenüber einer interessierten Öffentlichkeit“. Das Motto, beim Dichter Johann Heinrich Voß entdeckt: „Das Licht der Überzeugung ist heit’rer Forscher Lohn.“

Beeindruckend sind die Sammlungen, die die Gesellschaft zusammentrug. Die meisten wurden durch die Bomben zerstört, aber einige sind erhalten: Neben der 32 Kästen fassenden Käfersammlung von 1896 gibt es Bernsteine und eine mineralogische Sammlung. Auch eine ethnografische Sammlung gibt es, 1.240 Objekte aus aller Welt, großteils im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert zusammengetragen, von Kolonialbeamten, Seeleuten, Missionaren und Kaufleuten, die Mitglied der Gesellschaft waren oder mit ihr in Verbindung standen.

Weil darunter auch Gegenstände aus der deutschen Kolonialzeit sind, unter anderem ein menschlicher Zopf aus China, beteiligt sich die Gesellschaft aktuell gemeinsam mit ostfriesischen Museen an einem Projekt zur Provenienzforschung, um zu klären, wie mit den Objekten weiter zu verfahren sein wird.

Das Besondere an der Naturforschenden Gesellschaft und ein Grund für ihre lange Tradition aber ist ihre regionale Vernetzung und Einbettung in die Stadtgesellschaft. Im wissenschaftlichen Beirat sitzt der Präsident der Hochschule ebenso wie Ve­tre­te­r:in­nen der Gymnasien und berufsbildenden Schulen. Robert Matthies