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Thailand hat neuen PremierministerEiner im Knast, einer an der Macht

Um Reformen zu verhindern, hat Thailands konservative Elite die Partei von Ex-Regierungschef Thaksin mit Macht gekauft. Er geht dafür ins Gefängnis.

Thailands Ex-Premier Thaksin begrüßt am Dienstag seine Anhänger bei der Rückkehr aus dem Exil Foto: Sakchai Lalit/ap

Kuala Lumpur taz | Gut 100 Tage nach der Parlamentswahl hat Thailand am Dienstag einen neuen Premierminister bekommen. Der Immobilienmagnat Srettha Thavisin sicherte sich am späten Nachmittag die Mehrheit der beiden Parlamentskammern.

Er hatte in den letzten Tagen ein Bündnis aus elf Parteien geschmiedet, das im Repräsentantenhaus über 314 Sitze verfügt. Offenbar hatten zudem genügend Senatoren dem Politiker von der Pheu-Thai-Partei ihre Stimme gegeben und ihn über die Schwelle der benötigten 375 Stimmen gehoben.

Die Ereignisse vom Dienstag waren die jüngste Wendung in einem fast zwei Jahrzehnte dauernden Machtkampf zwischen Pheu Thai und ihren Vorgängerparteien. Die hatten bis 2019 sämtliche Wahlen gewonnen und waren von einem Bündnis aus Konservativen, Generälen, Monarchisten und Geldadel durch zwei Militärputsche und „Law Fare“ – juristische Machenschaften – immer wieder von der Macht vertrieben worden. Doch mit ebendiesen Kräften ist Pheu Thai jetzt einen faustischen Pakt eingegangen.

Bei der Parlamentswahl im Mai war es mit dem Siegeszug der von Thaksin Shinawatra gegründeten und stets dominierten Pheu Thai vorbei. Dank eines klaren Programms zur Reform politischer Institutionen einschließlich der Monarchie und des Militärs wurde die Move-Forward-Partei (MFP) von Pita Limjaroenrat stärkste Kraft und verwies Pheu Thai erstmals auf Rang zwei.

Thaksin hofft jetzt auf Begnadigung durch den König

Grundlegende demokratische Reformen sind aber der royalistisch-militärischen Elite dermaßen ein Gräuel, dass sie die Wahl von Pita zum Regierungschef mithilfe der von den Generälen nach dem letzten Putsch im Jahr 2014 maßgeschneiderten Verfassung verhinderten.

Der Dienstag begann zunächst mit einem anderen Paukenschlag. Der 2006 durch die Armee gestürzte Ex-Premier und Pheu-Thai-Pate Thaksin kehrte nach 15 Jahren im Dubaier Exil nach Thailand zurück. Am Flughafen Bangkok wurde der 74-Jährige von seinen Anhängern frenetisch empfangen und dann von der Polizei festgenommen.

Seit seinem Sturz war der Milliardär in mehreren Prozessen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden, von denen er laut einer Entscheidung des Obersten Gerichts vom Dienstag noch acht Jahre absitzen muss. Doch wird damit gerechnet, dass er bald vom König begnadigt wird.

Thaksin ist jetzt Belohnung und Geisel gleichermaßen

Denn Thaksins Rückkehr ist nach Ansicht von Beobachtern in Bangkok Teil eines Deal mit dem altem Establishment: Pheu Thai kriegt Thaksin zurück und deren Premier Srettha unternimmt künftig nichts, was das Establishment verärgern und seine Macht gefährden könnte. Thaksin ist damit sowohl Belohnung für das Wohlverhalten wie zugleich Geisel für den Fall, dass Pheu Thai aus dem Ruder läuft.

Der neue Regierungschef Srettha gilt als höflicher Geschäftsmann und, ungewöhnlich für einen Thai, als jemand, der kein Blatt vor den Mund nimmt. In der Politik ist der 61-Jährige ein absoluter Neuling. Vor wenigen Monaten erst war der aus einer Familie mit engen Verbindungen zur Wirtschaftselite stammende Milliardär von Pheu Thai als einer ihrer drei Kandidaten für das Amt des Premiers gekürt worden.

Nachdem der Fan des FC Liverpool in den USA Wirtschaftswissenschaften und Management studiert hatte und in Thailand erste Erfahrungen als Manager sammelte, gründete er mit einigen Cousins die Immobilienfirma Sansiri und machte sie zu einem der größten Immobilienunternehmen des Landes.

Verheiratet ist der 1,90-Meter-Mann mit der Expertin für Anti-Aging-Medizin Pakbilai Thavisin, mit der er drei Kinder hat. Neben seinem Job setzte er sich schon lange für LGBT-Rechte und nachhaltige Umweltpolitik ein und hat sich – unüblich für thailändische Geschäftsleute – in den sozialen Medien immer wieder zu politischen Themen geäußert.

Viele Thaksin-Anhänger finden den Deal nicht gut

Doch das Bündnis mit der konservativen Elite kommt bei vielen Pheu-Thai-Anhängern nicht gut an. Um bei den nächsten Wahlen nicht abgestraft zu werden, muss Srettha liefern. Er muss die lahmende Wirtschaft in einer Weise in Schwung bringen, von der nicht nur die Reichen profitieren. „Mein einziger Feind ist Armut und Ungleichheit“, sagte Srettha letzte Woche. „Mein Ziel ist es, das Leben aller Thailänder zu verbessern.“

Wahlsieger Move Forward und ihr charismatischer Chef Pita werden Srettha beim Wort nehmen.

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