die dritte meinung
: Geringere Mehrwertsteuer in der Gastronomie? Nur gegen höheren Mindestlohn, sagt Gerd Grözinger

Demnächst läuft eine wichtige Corona-Hilfsmaßnahme aus. Im Sommer 2020 wurde der Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie bei Speisen von 19 übergangsweise auf nur 7, zeitweise sogar 5 Prozent gesenkt. Nun bringen sich die üblichen Verdächtigen in Stellung, die Hilfe auf ewig zu zementieren.

Geschätzt wird, dass die Steuermindereinnahmen durch eine Verstetigung der Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie 3,3 Milliarden Euro betragen. Pro Jahr. Nun kann man argumentieren, dass Gaststätten wichtig für die Belebung von Innenstädten sind. Aber sind das nicht auch Jugendbildungsstätten, Senioren- und Familientreffs, Kitas etc.? Dafür fehlt aber schnell das Geld.

Wenn also Gastronomie weiter subventioniert werden möchte, dann sollte sie ein gewichtiges Extra leisten, um sich das zu verdienen: Machen wir es doch davon abhängig, dass dort ab 2024 mindestens ein Stundenlohn von 14 Euro bezahlt wird. Denn die lumpige Erhöhung des Mindestlohns auf nur 12,41 Euro bedeutet einen starken Reallohnverlust ausgerechnet der Schwächsten. Und der Ampel fällt so gar nichts ein, wie man das kompensieren könnte. Sie hat sich nicht mal davon irritieren lassen, dass der erste Landkreis mit AfD-Landrat, Sonneberg, auch die Region ist, die mit 44 Prozent den höchsten Anteil an Mindestlohnbeziehern aufweist.

Man kann das Angebot an Gastwirte – Lohn von mindestens 14 Euro gegen Beibehaltung der Mehrwertsteuersenkung – gut auf Betriebsebene machen. Wer mitmacht, macht mit und wer nicht mag, zahlt halt die 19 Prozent Mehrwertsteuer. Die partizipierenden Lokale werden verpflichtet, das auszuhängen und auf ihrer Website kundzutun. Dann werden wir ja sehen, wo die Gäste künftig hinströmen.

Gerd Grözinger

ist emeritierter Professor und Hochschul­forscher an der Europa-Universität Flensburg. Seit Frühjahr 2021 ist er im Ruhestand..

Ein weiterer positiver Effekt wäre, dass eine für Mindestlöhner bedeutende Branche damit einen Standard setzt. Wer an der Supermarktkasse für 12,41 Euro arbeitet, wird sich schwer überlegen, ob sie oder er nicht besser in die mitmachende Gastronomie wechseln sollte. Personal gesucht wird allenthalben.