: Das Loch wird zum Zentrum
In Köln wird heute der Grundstein für das Kulturzentrum gelegt. Für die Museen Schnütgen- und Rautenstrauch-Joest gibt‘s ab 2008 viel Platz, fraglich bleibt aber die Realisierung der Kunsthalle
VON SEBASTIAN SEDLMAYR
In der Bewerbung Kölns zur Europäischen Kulturhauptstadt waren die Museen Schnütgen und Rautenstrauch-Joest im vorigen Jahr nur ein paar Zeilen auf Seite 31 wert. Wenn heute feierlich der Grundstein zum Kulturzentrum am Neumarkt gelegt wird, drängen die beiden Häuser in den Mittelpunkt. Das Schnütgen-Museum soll im Neubau auf 330 Quadratmetern seine sakrale Kunst ausstellen. Auf einer stattlichen Fläche von 3.400 Quadratmetern soll das Rautenstrauch-Museum, das bislang eine Randexistenz am Ubierring geführt hat, mitten in Köln Groß und Klein für afrikanische Masken, indonesische Fruchtbarkeitsstatuen und andere ethnologische Kleinode begeistern.
Mit dem Bau des Kulturzentrums in der Cäcilienstraße schließt sich die peinlichste aller Baulücken Kölns, die in den Feuilletons der Republik für Mitleid, im Kölner Kulturbetrieb für Entsetzen gesorgt hatte: das Loch. Nachdem die Kunsthalle, der Kunstverein und das VHS-Forum Ende 2002 kurzerhand abgerissen worden waren, klaffte das Loch nicht nur im Stadtbild. Der Nimbus Kölns als Metropole zeitgenössischer Kunst wurde unter dem Schutt der Kunsthalle endgültig im Loch begraben. Und auch mit dem Kulturzentrum wird diese Lücke nicht gefüllt. Unter CDU-Oberbürgermeister Fritz Schramma rückt das Altbackene in den Fokus, während die junge Kunst anderen Städten überlassen wird.
Die Rückwärtsgewandtheit der Kulturhauptstadtbewerbung mit ihrer Fokussierung auf Dom und Römerzeit strahlt auch der neue fünfgeschossige Quader am Neumarkt in Nutzung und Gestaltung aus. Rot gebrannter Stein auf der Fassade soll als „Verweis auf die römische Geschichte“ verstanden werden. „Dem Charakter des Ortes, der überwiegend der Ausstellung und Bewahrung gewidmet ist, entspricht die massive Ausbildung des Gebäudekörpers“, schreibt die Stadt weiter über ihr Bauprojekt. Der neue Kulturdezernent Georg Quander räumte kürzlich auf einer Podiumsdiskussion ein, das Kulturzentrum wirke „von außen eventuell etwas kaufhausmäßig“.
Zwar sind in den derzeitigen Plänen noch 1.350 Quadratmeter Ausstellungsfläche für die Josef-Haubrich-Kunsthalle verzeichnet. Aber ob die zeitgenössische Kunst je den Weg dorthin findet, ist fraglich. Zumal bislang weder ein Konzept noch eine Leitung für das neue Haus in Sicht ist. Die Sprecherin des Vereins „Das Loch“, Kathrin Luz, glaubt nicht an eine Integration der neuen Kunsthalle in das Kulturzentrum. Persönlich halte sie das sogar für „kaum vorstellbar“, sagte sie der taz.
Im Loch e.V. haben sich im Jahr 2003 Kölner Kulturschaffende wie Rosemarie Trockel, Udo Kier und der Chef des Museum Ludwig, Kasper König, zusammengefunden. Sie wendeten ihre Wut über den Abriss der alten Kunsthalle konstruktiv und gründeten die Europäische Kunsthalle (EKH), die von Köln aus ohne festes Haus agieren soll. Das Loch sei inzwischen „als sentimentales Thema abgeschlossen“, sagt Kathrin Luz.
Was genau sich hinter dem Namen EKH verbirgt, ist noch unklar. Fest steht neben dem Namen des Projekts inzwischen nur der Name des Geschäftsführers: Nicolaus Schafhausen. Der im März ernannte bisherige Leiter des Frankfurter Kunstvereins soll am 29. Juni im Museum Ludwig sein Konzept vorstellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen