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Von der Polizei gewecktBlaues Licht zur blauen Stunde

Niemand wird gerne geweckt. Besonders nicht von einer Handvoll Beamter. Selbst dann nicht, wenn man zur Abwechslung kein Verbrechen begangen haben soll.

Unterschätzte Errungenschaft des Zivilisationsprozesses: ein Zaun Foto: Bernd Wüstneck/dpa

E s klingelt Sturm an der Tür: in Viererblocks („ding-ding-ding-ding“) ein paar Mal tief im Unterbewusstsein, dann folgen noch so circa 20 Dings in echt. So ganz genau weiß ich es nicht. Der Schlaf war eben noch zu tief, dank der endlich etwas abgekühlten Sommerluft – und wegen der inzwischen angeschlagenen Antihistaminika gegen die Pollen.

Nach ein paar Minuten setzt sich die Randale an der Haustür allerdings gegen die klimatischen wie die pharmazeutischen Downer durch. Es ist jetzt gleich fünf Uhr morgens.

Beim vorsichtigen Spähen durchs Fenster entdecke ich eine Handvoll Polizisten im Vorgarten, was nichts Gutes bedeuten kann, aber immerhin wach macht. Nicht dass man kürzlich was verbrochen hätte, aber aus alter Gewohnheit wird man ja doch immer ein bisschen unruhig bei sowas.

Im Schlepptau haben die Beamten den Nachbarn von gegenüber, der offenbar schneller aus dem Bett kam. Um ihn ging’s dann auch: Sein Auto war nachts wohl rückwärts aus der Einfahrt gerollt und dann weiter über die Straße bis in meinen Zaun. Der Nachbar wirkt ein bisschen ertappt und auch noch etwas wacher als ich.

Klären, was längst klar ist

wochentaz

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Nach Klärung der Sachlage sollten wir Personalien austauschen, meint ein Polizist, woraufhin sich zum bereits zirkulierenden Adrenalin noch ein kleiner Schuss des namenlosen Neurotransmitters gesellt, der fürs Angepisstsein zuständig ist. Ich mein, es ist der Nachbar von gegenüber. Wir haben schon Kinderfahrräder getauscht und sogar mal einen Kohlrabi. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Rahmenbedingungen meiner Laune werden jedenfalls immer diffuser: zu früh geweckt von zu viel Polizei, ein hässlicher Zaun, der mich nicht interessiert, und ein Nachbar, bei dem ich nur hoffen kann, dass seine Kinder trotz allem genauso komatös in ihren Betten liegen wie meine.

Tja nun, es ist ja sicher alles gut gemeint – und war übrigens auch schon der zweite Polizeibesuch seit dem Umzug aufs Land. Das andere Mal wurden sie von (allerdings anderen) Nachbarn gerufen, weil unsere Haustür offen stand …

Aber so wie damals findet auch dieser Einsatz ein baldiges Ende, doppelt unterstrichen durch mein verschlafenes „Ja“ auf die Frage, ob ich hier eigentlich der Eigentümer sei. Das bin ich nämlich zum Glück. Sonst hätte ich den ja auch noch anrufen müssen und dann hätten sich neben Autos und Schutzpolizei vermutlich bald noch irgendwelche Tiefbauunternehmen in meinen Garten gesellt.

Friede den Hütten

Denn der mutmaßliche Arsch von Eigentümer wird es ganz bestimmt irgendwie hinbekommen, den Kratzer am Zaun zum gewaltigen Versicherungsschaden aufzublasen und bei der Reparatur noch Carport und/oder Tiefgarage einzuheimsen. Kennt man ja.

Witzig ist die ganze Geschichte selbstverständlich nur deshalb, weil ich als weißer Hauseigentümer auch nachts in Unterwäsche mit Ruhepuls an die Tür schludern kann, wenn die Polizei den Garten stürmt. Wie es dem nun nicht ganz so kartoffeligen Nachbarn und seiner Familie damit ging, kann ich nur raten. Das heißt: Ich werde ihn gleich nach Redaktionsschluss noch fragen, sobald er rüberkommt, um bei Tageslicht über die Zukunft des Zauns zu verhandeln.

Und wenn auch das einmal ausgestanden ist, dann suche ich diesen Schalter, mit dem man die Klingel ganz abstellen kann, so wie die Vor­ei­gen­tü­me­r:in­nen es ihrerzeit mal eingerichtet hatten. Ich hatte mich beim Umbau schon gefragt, was der Quatsch eigentlich soll. Und jetzt – naja – jetzt hab ich’s eben doch verstanden.

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Redakteur und CvD
Jahrgang 1982, schreibt aus dem Bremer Hinterland über Kultur und Gesellschaft mit Schwerpunkten auf Theater, Pop & schlechter Laune.
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