London will Kampfjets an Ukraine liefern

Präsident Selenski vereinbart auch mit Großbritannien eine Ausweitung der Militärhilfen

Von Dominic Johnson

Mit einem Besuch in Großbritannien hat der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am Montag seine Westeuropa-Reise abgeschlossen, die ihn am Samstag nach Italien, in der Nacht zu Sonntag nach Deutschland und am Sonntagabend nach Frankreich geführt hatte. Im Mittelpunkt der Besuche bei den vier europäischen Mitgliedern der G7-Gruppe der sieben größten westlichen Industriestaaten vor deren Jahresgipfel in Japan Ende dieser Woche stand die Absprache neuer massiver Militärhilfe im Vorfeld der erwarteten massiven ukrainischen Offensiven gegen die russische Besatzung.

Der britische Premierminister Rishi ­Sunak empfing Selenski auf Chequers, dem traditionellen Landsitz britischer Premierminister, und kündigte an, Großbritannien bemühe sich um das Zustandekommen der von Selenski gewünschten „Kampfjet-Koalition“, um die Ukraine mit modernen Kampfjets des Typs F-16 auszustatten. Dieses Ziel hatte der ukrainische Präsident am Sonntag in Berlin bekräftigt und dabei darauf verwiesen, dass er noch zwei Reiseziele vor sich habe, ohne sie zu nennen. Es waren Frankreich und Großbritannien. „Das Vereinigte Königreich führt bei der Ausweitung unserer Kapazitäten am Boden und in der Luft“, schrieb Selenski auf Twitter nach seiner Landung in Großbritannien und kündigte intensive Gespräche an. Im Anschluss daran erklärte er: „Wir wollen diese Kampfjet-Koalition. Wir haben darüber gesprochen und ich sehe, dass man in kürzester Zeit einige sehr wichtige Beschlüsse hören wird. Aber wir müssen daran noch ein wenig arbeiten.“

Premierminister Sunak hatte zuvor an seine Zusage vom Februar erinnert, ein Trainingsprogramm für die ukrainische Luftwaffe zur Nutzung von „F-16-Jets nach Nato-Standard“ aufzulegen, und fügte hinzu: „Dieses Training geht mit Bemühungen des Vereinigten Königreichs einher, mit anderen Ländern zusammenzuarbeiten, um F16-Jets zur Verfügung zu stellen.“ Welche „anderen Länder“ dies seien, sagte Sunak nicht, aber mehrere osteuropäische Länder hatten dies bereits befürwortet. Kampfjet-Lieferungen seien „nicht einfach“, sagte Sunak nach seinem Treffen mit Selenski. „Andere Länder sind beteiligt. Ich spreche mit deren Regierungschefs. Ich werde das in dieser Woche weiter verfolgen. Wir sind sehr darauf erpicht, diese Koalition zu bauen, um Wolodimir und seinem Volk die Luftunterstützung zu geben, die sie brauchen.“ Vor dem Treffen hatte der britische Premierminister außerdem „Hunderte“ weiterer Flugabwehrraketen und Drohnen aus Großbritannien für die Ukraine angekündigt, darunter Drohnen mit Reichweiten von über 200 Kilometern. Erst vergangene Woche hatte London als erste westliche Regierung Marschflugkörper mit einer Reichweite von 250 Kilometern an die Ukraine geliefert, die angeblich bereits im Einsatz sind. Dieses massive neue britische Hilfspaket folgt auf ein nicht minder massives aus Deutschland.

„Wir wollen diese Kampfjet-Koalition, aber wir müssen noch daran arbeiten“

Präsident Selenski

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte Selenski am Sonntagabend „Dutzende“ neue Panzerfahrzeuge und Schützenpanzer zu. An Kampfjets für die Ukraine will sich Frankreich aber offenbar ebenso wenig wie Deutschland beteiligen. Dies sei „verfrüht“, so der französische Präsident. Macron empfing Selenski zum Abendessen in Paris, wohin der ukrainische Präsident von Aachen aus nach Entgegennahme des Karlspreises am Sonntagnachmittag gereist war.

Indessen kam in Polen der erste Teil einer 2019 vereinbarten Lieferung von US-Mehrfachraketenwerfern des Typs Himars mit einer Reichweite von etwa 300 Kilometern an. Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak sagte bei der Übergabe in Warschau, das System habe sich in der Ukraine bewährt. Durch die systematische Zerstörung russischer Militärinfrastruktur hinter der Front wurde damit Russland im vergangenen November zum Rückzug aus Cherson gezwungen.