Gehörlosen-Tischtennisspieler Emil Leske: Den Ball im Blick
Emil Leske holte bei den Deutschen Gehörlosen-Meisterschaften im Tischtennis Gold im Doppel. Gelernt hat er beim FC St. Pauli mit hörenden Spielern.

Wenn der weiße Ball über die Tischtennisplatte hüpft, schaut Emil Leske ganz genau hin. Wie der Ball aufkommt und dann rotiert, dafür hat der 21-Jährige mittlerweile einen Blick. Den braucht er auch, denn der Hamburger Tischtennisspieler ist gehörlos.
Erst seit dem vergangen Jahr spielt Emil Leske im Hamburger Gehörlosen Sportverein. In den sieben Jahre davor beim FC St. Pauli stand er ausschließlich mit Spielern ohne Einschränkung an der Tischtennisplatte. „Ich hatte gar nicht auf dem Radar, dass es überhaupt extra Vereine für Gehörlose wie mich gibt“, schreibt er der taz. Seinen Mitspielern klarzumachen, dass er sie nicht verstehen kann, war für Emil Leske anfangs zwar anstrengend, sonst fühlte er sich in seiner Mannschaft aber nicht benachteiligt – obwohl im Training viel gesprochen wurde, was Leske nicht verstand.
Heute ist das anders. In seiner Mannschaft beim Hamburger Gehörlosen Sportverein unterhalten sich alle in Gebärdensprache, das genießt der 21-Jährige. Im letzten Jahr konnte er mit ihnen schon seinen größten Erfolg erspielen: den Sieg bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften in Frankenthal. „Auf diese Teamleistung bin ich stolz, auch wenn uns ein Quäntchen Glück auf das oberste Podest verhalf“, schreibt Leske.
Der Hamburger ist froh, mit dem Gehörlosen-Tischtennis endlich seine Sportart gefunden zu haben. Sein Können gibt er als Trainer an Kinder und Jugendliche des FC St. Pauli weiter. „Mein Ziel ist es, den Nachwuchsspielern die Freude am Tischtennis zu vermitteln. Eine Portion gesunder Ehrgeiz darf natürlich aber auch nicht fehlen“, schreibt der 21-Jährige. Dass die meisten seiner Spieler nicht taub sind, sei im Training aber kein Problem: „Ich kommuniziere mit den Kindern in der Lautsprache und nutze nur einfache Gesten, so können mich alle gut verstehen.“
Tischtennis und politisches Theater
Wenn Emil Leske gerade mal nicht den Schläger in der Hand hält, arbeitet er in einer Jugendgruppe beim Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg. Dort performt er nicht nur auf der Bühne, sondern führt auch bei Theaterstücken zur Klimakrise, Diskriminierung und Identität Regie. Das ist, was Leske Freude bringt: Strategien entwickeln und diese anschließend erfolgreich in die Tat umsetzen – auf der Bühne und an der Platte.
Auch bei den diesjährigen Deutschen Gehörlosen-Meisterschaften am vergangenen Wochenende in Hamburg ist der 21-Jährige nicht ohne Plan angetreten. Die genaue Taktik verrät er aber sicherheitshalber vor dem Turnier nicht, „vielleicht lesen meine Kontrahenten sonst meine Schwächen heraus“, schreibt er.
Am Ende wurde er Sechster – ein gutes Ergebnis bei 16 angetretenen Männern. Gewonnen hat Mark Mechau vom Berliner GSV. Doch mit seinem 17-Jahre alten Spielpartner Arda Yenen vom Gehörlosen Turn- und Sportverband Dortmund holte Leske im Doppel sogar die Goldmedaille.
Was in diesem Jahr noch auf das Nachwuchstalent wartet? Ganz oben auf Leskes Liste stehen die Deutschen Mannschaftsmeisterschaften im September. Dabei sein ist für den Tischtennisspieler aber keineswegs alles. Die „gesunde Portion Ehrgeiz“, wie er sie seinen Spielern im Training beibringt, legt auch er an den Tag. Sein Ziel ist gesetzt: Der 21-Jährige möchte mit seiner Mannschaft den Titel verteidigen und wieder nach ganz oben auf das Treppchen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Forscher über Einwanderungspolitik
„Migration gilt als Verliererthema“
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Abschied von der Realität
Im politischen Schnellkochtopf
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte