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: „Von den besser gestellten Stadtteilen haben wir uns ein wenig ferngehalten“

In Osnabrück kommt jetzt das Kino zu den Zu­schaue­r*in­nen fast direkt nach Hause

Interview Wilfried Hippen

taz: Frau Scheck, wie kam es zu dem Projekt, mit einem Kino in Osnabrücks verschiedene Stadtviertel zu ziehen?

Julia Scheck: Weil in Osnabrück gerade das Jubiläum „350 Jahre Westfälischer Frieden“ gefeiert wird, gibt es hier ein riesiges Kulturprogramm. Und dadurch haben wir vom Filmfest Osnabrück das Projekt finanziert bekommen.

Was ist die Grundidee dieses Projekts?

Osnabrück hat eine lange Geschichte mit sehr vielen Kinos in den verschiedenen Stadtteilen. Und wir haben uns gefragt, was passiert, wenn wir mit den Filmen rausgehen und die Leute da besuchen, wo sie sich normalerweise aufhalten.

Geht es dabei nicht auch darum, dass die Menschen durch die Beschränkungen während der Pandemie von Kinobesuchen entwöhnt wurden?

Die Projektantragszeit war tatsächlich in der Coronazeit, und in diesen anstrengenden Jahren haben wir gemerkt, wie stark sich das gesellschaftliche Leben verändert hat. Man trifft sich viel seltener und wir wollten Gelegenheiten in den Nachbarschaften kreieren, mal wieder vor die Haustür zu gehen, aber dabei gar nicht weit gehen zu müssen.

Foto: Maik Reishaus

Julia ScheckJahrgang 1984, leitet seit 2016 das Filmfest Osnabrück.

Und wie haben Sie die Reihe organisiert?

Wir haben verschiedene Institutionen angeschrieben und gefragt, welche Vereine mitmachen möchten. Es gab dann Rückmeldungen für sieben Orte, an denen wir sechs Filmprogramme abspielen. Ein Jugendkurzfilmprogramm spielen wir doppelt.

Welche Filme zeigen Sie dort?

Wir zeigen Dokumentarfilme, weil wir finden, dass das eine wunderschöne Gattung ist, die oft zu kurz kommt. Passend für jeden Ort, den wir besuchen, haben wir Vorschläge gemacht und den Institutionen vor Ort die Auswahl überlassen. Und dort wurde zum Teil basisdemokratisch entschieden, welcher Film gezeigt wird.

Nun gibt es ja auch in Osnabrück so’ ne und so’ ne Stadtviertel: die feinen und die ärmeren. Wohin wandern Sie mit Ihren Filmen?

Stadtteilkino: Auftakt mit „Taming the Garden“, 24. 5., 21 Uhr, im Garten des Kulturzentrums K.A.F.F., (bei Regen drinnen). Programminfos auf www.stadtteilkino-os.de

Tatsächlich haben wir uns von den etwas besser gestellten Stadtteilen ein wenig ferngehalten. Wir sind von uns selber ausgegangen und wir haben uns gefragt, wo es uns nicht regelmäßig hintreibt und dann haben wir geguckt, was es da gibt. So etwa im Rosenplatzquartier, das sehr multikulturell geprägt ist. Da zeigen wir „Liebe, D-Mark und Tod“. Einen wunderbaren Dokumentarfilm über die Musik der ersten türkischen Gastarbeitergeneration in Deutschland.

Wo beginnen Sie die Reihe?

Unser erster Film wird im Gemeinschaftsgarten des Kulturzentrums „K.A.F.F.“ gezeigt. Das ist eine Kooperative von Ehrenamtlichen und bei denen findet gerade die langsamste Theaterveranstaltung der Welt statt. Da kann man nämlich Pflanzen beim Wachsen zusehen. Wir zeigen dort „Taming the Garden – Die Zähmung der Bäume“, in dem von einem Superreichen in Georgien erzählt wird, der uralte Bäume ausgraben lässt und sie in einen künstlichen Garten auf einer Insel verpflanzt. Der Film passt auch deshalb so gut zu dem Ort, weil dort zum Beginn des Stücks die Pflanzen in einer Zeremonie durch Osnabrück getragen wurden.