Aktivist über Pipeline-Plan in Ostafrika: „Wir könnten in Berufung gehen“
Die weltlängste beheizte Ölpipeline darf in Ostafrika gebaut werden. Dickens Kamugisha ist enttäuscht über das Urteil zugunsten des Ölkonzerns Total.
taz: Herr Kamushiga, Sie hatten mit anderen Organisationen in Paris Klage gegen den französischen Ölmulti Total eingereicht, der in Uganda die gewaltige Pipeline EACOP baut. Das Gericht hat vergangene Woche die Klage abgewiesen. Was ist Ihre Reaktion?
Dickens Kamugisha: Das Urteil war eine sehr große Enttäuschung für uns, weil wir glauben, genügend überzeugende Beweise eingereicht zu haben. Sogar diejenigen Menschen, denen Total Unrecht zugefügt hat, waren im Gerichtssaal anwesend, um ihre Aussagen zu machen. Gemeinsam mit unserer Klageschrift haben wir zahlreiche eidesstattliche Erklärungen eingereicht, die dokumentieren, wie Familien und Kindern Unrecht geschieht durch Vertreibung von ihrem Land. Wir forderten eine faire Entschädigung für all das, was diese Menschen erlitten hatten. Wir hätten uns sehr gewünscht, dass die französischen Richter Uganda besuchen und sich die Gegebenheiten vor Ort selbst angesehen hätten und auch die Opfer gesprochen hätten, um mit eigenen Augen zu sehen, welches Unrecht diesen Menschen widerfahren ist.
ist Direktor der Nichtregierungsorganisation Africa Institute for Energy Governance (AFIEGO), einer der Initiator*innen der Klage gegen den Konzern Total.
Warum wurde Ihre Klage abgewiesen?
Das Gericht hat argumentiert, dass sich vor Ort in den vergangenen Jahren viel verändert hätte und wir als Kläger es versäumt hätten, diese neuen Gegebenheiten stetig als Beweise mit ins Verfahren einzubringen – also ein rein technisches Argument. Ich denke, sie hätten zunächst die Stichhaltigkeit der vorgelegten Beweise prüfen und auf dieser Grundlage entscheiden sollen, ob sie das Verfahren durchziehen oder an andere Gerichte abgeben. Stattdessen wurde sehr viel über die Zuständigkeit des Gerichts diskutiert, ob eher das Handelsgericht oder das Zivilgericht zuständig sei. Man muss bedenken, dass dies der erste Fall nach dem neuen Gesetz zur Sorgfaltspflicht war, wir hatten keine Präzedenzen. Dieses neue Gesetz in Frankreich war ursprünglich gedacht, armen Ländern zu helfen, die mächtigen Unternehmen nichts entgegenzusetzen haben. Wenn wir aber über drei Jahre warten müssen und dann sagt das Gericht, man müsse von vorne anfangen, dann entmutigt das alle anderen. Und es macht das Gesetz in Frankreich für uns Afrikaner absolut nutzlos.
Was bedeutet das nun für Ihre Arbeit?
Die betroffenen Menschen vor Ort vertrauen uns. Wir haben ihnen von vornherein gesagt, dass es eine Möglichkeit gibt, zu gewinnen, aber auch die Möglichkeit, zu verlieren. Wichtig ist, dass wir diese Verfahren überhaupt anstrengen, um Druck zu erzeugen.
Hat das Verfahren Aufmerksamkeit erregt?
Absolut, es hat geholfen, ein Bewusstsein zu schaffen. Und das Gericht hat ja nicht gesagt, Total habe sich keiner Menschenrechtsverletzungen und Umweltgefährdung schuldig gemacht. Stattdessen sagten die Richter, diese Beweise müssten im Rahmen eines vollständigen Prozesses kritisch betrachtet werden. Das bedeutet also, dass Total nicht als sauber deklariert wurde. Ich glaube also, das Verfahren selbst war sehr nützlich – selbst hier in Uganda, wo wir früher von Sicherheitskräften angegriffen wurden.Seitdem sie wissen, dass wir in Paris vor Gericht sind, gehen sie nicht mehr so brutal mit uns um.
Was ist nun der nächste Schritt?
Wir planen ein Treffen mit den betroffenen Gemeinden und wollen erörtern, wie wir nun weiter vorgehen. Ich bin überzeugt, wenn wir Kapazitäten hätten, könnten wir in Berufung gehen und ein vollständiges Verfahren anstreben, um sicherzustellen, dass das Gericht eine Entscheidung auf der Grundlage des gesamten Beweismaterials trifft.
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