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wortwechselVerwählt! Kein Anschluss unter dieser Nummer!

Handstreich der regierenden Ampel – wie demokratisch ist die Wahlrechtsreform? taz-Leser melden sich mit interessanten Vorschlägen zu Wort. Kleine Auswahl der Stimmen

Plenarsaal während der Sitzung des Deutschen Bundestags am 17. März 2023 in Berlin Foto: Christian Spicker/imago

„Wahlrechtsreform beschlossen: Schrumpfkur für den Bundestag“,

taz vom 17. 3. 23

Es wäre so einfach?

An der Reform gibt es zwei Hauptkritikpunkte: Nicht jeder Wahlkreis wird voraussichtlich im nächsten Bundestag durch eine/n Abgeordnete/n vertreten sein und kleinere Parteien der Opposition (Linke, potenziell auch die CSU) könnten an der 5-Prozent-Hürde scheitern. Für den ersten Punkt gibt es nachvollziehbare Gründe, für den zweiten aber nicht. Sinnvoll wäre es, man belässt es einfach bei der bisherigen Regelung: „Neben der 5-Prozent-Klausel genügt es für den Einzug einer Partei in den Bundestag, wenn in mindesten 3 Wahlkreisen der oder die Kan­di­da­t*in die meisten Stimmen erhält.“ Die Zuteilung der Sitze erfolgt danach für alle Parteien, wie im Entwurf vorgesehen, ausschließlich nach dem Verhältnis der Stimmen. Der Bundestag hätte damit unverändert die feste Größe von 630 Sitzen, und ein wesentlicher Kritikpunkt wäre behoben. Wolfgang Gromes, Marburg

Vorschlag zur Güte?

Soll die grüne Ampel-Außenministerin doch erst einmal eine feministische Wahlrechtsreform auf den Weg bringen. Warum? Im Deutschen Bundestag in Babylon-Berlin beträgt der Frauenanteil nur 35 Prozent von insgesamt 736 Bundestagsabgeordnet*innen. Da hilft auch keine Ampel-Wahlrechtsreform, welche die Diätenbeziehenden von 736 auf 630 reduzieren will, weil sie vermutlich ohnehin verfassungswidrig sein wird. Deshalb mein Vorschlag zur Güte und zur Geschlechtergerechtigkeit: Alle zugelassenen Parteien in Deutschland wählen für die nächste Bundestagswahl 2025 jeweils eine Frau und einen Mann als Di­rekt­kan­di­da­t*in für die 299 Bundestagswahlkreise. In den Deutschen Bundestag würden somit nur noch die vom Volk gewählten Di­rekt­kan­di­da­t*in­nen einziehen. Da pro Wahlkreis immer die Frau und der Mann als direkt vom Volk gewählt anerkannt werden, welche jeweils die meisten Wäh­le­r*in­nen­stim­men pro Geschlechterstand erzielen konnten, wären dies insgesamt 299 Frauen und 299 Männer = 598 Bun­des­tags­ab­ge­ord­nete. Der Vorteil: Die Frauenquote in der Politik und die Zweitstimme für die Partei bei der Bundestagswahl würden somit überflüssig und könnten entfallen. Das Ergebnis wäre meines Erachtens ein noch viel spannenderer Wahlkampf, weil jede/r Di­rekt­kan­di­da­t*in in seinem/ihren Wahlkreis um den Einzug in den Deutschen Bundestag wirklich kämpfen müsste, da sie oder er nicht auf die Absicherung durch die jeweilige Landesliste hoffen könnte.

Roland Klose, Bad Fredeburg

Zentralisierungsgefahr?

Die Ampelkoalition hätte das Direktmandat ehrlicherweise gleich ganz abschaffen sollen. Damit wäre ersichtlich geworden, was diese Reform tatsächlich bedeutet: eine Zentralisierung. Eine Aushöhlung des deutschen Föderalismus hat es schon mehrfach gegeben und sie führte jedes Mal in ein Desaster. Die Parteizentralen dürften damit noch mehr an Macht gewinnen, und es besteht die Gefahr einer weiter zunehmenden Politikverdrossenheit, wenn manche Wahlkreise nicht mehr direkt im Bundestag vertreten sind. Das betrifft in erster Linie ländliche Regionen deren Bewohner sich häufig schon jetzt vom Bund vernachlässigt fühlen. Um die CSU muss man sich hingegen gewiss keine Sorgen machen. Es steht nirgends geschrieben, dass sie nicht auch außerhalb Bayerns Verbände gründen kann. Man kann Parteien zwar durch Gesetze oder Verbote aus dem Parlament halten, erreicht damit jedoch nur, dass sie ihre Ziele abseits parlamentarischer Regeln verfolgen. Sinnvoller wäre eine Reform der Wahlkreise gewesen. Scheif auf taz.de

@ Scheif Aus der Weimarer Zeit hat die BRD gelernt, das eine 5-Prozent-Hürde gesund für ein ordentliches Arbeiten ist. 0-Prozent-Hürde in Italien – alle paar Monate muss was Neues her. 10-Prozent-Hürde in Türkey – eingeschränkte Demokratie. In Deutschland reden die Landkreise im Bundesland mit und die Länder im Bundesrat, nicht im Bundestag. Die Direktmandate der Unionsparteien wurden eingeführt in der „Bonner Republik“. Mehr Hinterzimmervereinbahrungen als bei einem Mafiakongress. Daraufhin folgten die Überhangmandate, um das Wahlergebnis wieder spiegeln zu können. Trotzdem sitzen weit mehr Bayern im Bundestag als es diesem Land gebührt. Ramaz auf taz.de

Wer stellt wen „kalt“?

Verstehe einer den Herrn Söder! Will vor das Verfassungsgericht. Nach § 14 Absatz 4 der bayrischen Verfassung kommen nur Wahlvorschläge in den Landtag, wenn sie 5 Prozent der abgegebenen Stimmen erreichen! Warum also will Herr Söder im Bundestag eine andere Lösung als in Bayern? Die Antwort kann nur lauten: Er hat echte Angst, die 5 Prozent nicht zu schaffen. Gerhard Zelle, Gelsenkirchen

Wenn die Parteien „unsichere“ Kandidaten über die Listen besser absicherten, könnten sie das Problem locker umgehen. Dadurch entfiele aber die Möglichkeit, unliebsame Kandidaten beziehungsweise parteiinterne „Abweichler“ kaltzustellen.

Hartmut Krollmann, Düsseldorf

„Politikverdrossenheit“?

Zwei gravierende Probleme löst der aktuelle Regierungsvorschlag nicht oder unzureichend: Die Gleichberechtigung kleiner Parteien, die die 5-Prozent-Hürde nicht schaffen, vor allem aber die Politikverdrossenheit mit dem Berufspolitikertum. Kleine Parteien haben wegen der undemokratischen Hürde schlechtere Chancen, weil aus Angst vor verlorenen Stimmen viele WählerInnen lieber das kleinere Übel der Etablierten wählen, was dann das Meinungsabbild sehr verzerrt. Es geht also nicht nur um die bis zu 10 Prozent WählerInnenstimmen, die die kleinen Parteien oft zusammenbringen, sondern auch um die weiteren 20 Prozent der Wählerinnen, die aus Angst vor verlorenen Stimmen die Etablierten wählen, weil diese Stimmen dann auch angerechnet werden.

Michael Rost, Barleben

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