+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Schwere Verluste bei Söldnertruppe

Die USA schätzen 9.000 getötete Soldaten der Gruppe Wagner und die Ukraine meldet neue russische Luft- und Raketenangriffe auch auf den Westen des Landes.

Grtäber von russischen Soldaten

Gräber von russischen Wagner-Soldaten in Bakinskaya Foto: reuters

Hälfte der toten Wagner-Soldaten seit Dezember gefallen

In Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sind nach Einschätzung der US-Regierung bereits etwa 9.000 Soldaten der Söldnertruppe Wagner getötet worden. Etwa die Hälfte der Männer seien seit Mitte Dezember gefallen, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Freitag (Ortszeit) im Weißen Haus. Insgesamt seien seit Kriegsbeginn vor fast einem Jahr nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste etwa 30.000 Angehörige der Wagner-Truppe verwundet oder getötet worden. Angaben aus dem Kriegsgebiet sind von unabhängiger Seite oft kaum zu überprüfen.

Kirby sagte über die Wagner-Truppe, die von dem Russen Jewgeni Prigoschin geleitet wird, einem Vertrauten von Präsident Wladimir Putin: „Sie behandeln ihre Rekruten – größtenteils Sträflinge – im Grunde genommen wie Kanonenfutter. Sie werfen sie buchstäblich in einen Fleischwolf, auf unmenschliche Weise, ohne zu zögern.“ Er bezog sich dabei auch auf die derzeitigen schweren Kämpfe um die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine. Auch dort sind Wagner-Söldner im Einsatz.

Das britische Verteidigungsministerium hatte am Freitag die Zahl von 40.000 bis 60.000 getöteten Soldaten auf russischer Seite seit Kriegsbeginn genannt. Die Gesamtzahl an Toten oder Verletzten auf russischer Seite wurde von London auf 175.000 bis 200.000 beziffert. Bei den Wagner-Söldnern liege die „Verlustquote“ wahrscheinlich bei bis zu 50 Prozent. (dpa/rtr)

Zwei Einschläge auch in der Westukraine

Wegen neuer russischer Luft- und Raketenangriffe ist in der Ukraine nach Angaben der dortigen Behörden in mehreren Regionen Luftalarm ausgelöst und zeitweise der Strom abgeschaltet worden. „Der Feind nutzt die taktische Luftwaffe, besonders im Luftraum der besetzten Gebiete, und startet Raketen“, berichtete der Leiter des Präsidialbüros, Andrij Jermak, am Samstag in Kiew. An die Bevölkerung appellierte er, den Luftalarm nicht zu ignorieren. Als Vorsichtsmaßnahme sei in der Hauptstadt und deren Umland sowie im Industriegebiet Dnipropetrowsk und in der Schwarzmeer-Region Odessa der Strom abgeschaltet worden, teilte der Energieversorger DTEK mit.

Mindestens zwei Einschläge meldete die Region Chmelnyzkyj im Westen des Landes. „In Chmelnyzkyj war eine Explosion zu hören. Bleiben Sie in Deckung“, warnte Militärgouverneur Serhij Hamalij die Bevölkerung auf seinem Telegram-Kanal. Kurz darauf berichtete er von einer zweiten Explosion. Der Militärgouverneur der Schwarzmeer-Region Mykolajiw, Witalij Kim, zeigte in seinem Telegram-Kanal das Foto einer angeblich abgeschossenen russischen Rakete. Zwei Raketen hätten das Gebiet aber Richtung Westen überflogen, warnte er.

Die ukrainischen Streitkräfte meldeten derweil den Abschuss zweier russischer Marschflugkörper des Typs Kalibr. Diese seien von Schiffen der russischen Schwarzmeer-Flotte Richtung Ukraine abgefeuert worden. Am Vormittag wurde der Luftalarm in den meisten Regionen wieder aufgehoben. Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert inzwischen fast ein Jahr. (dpa)

Finnlands Regierungschefin sieht Fehler des Westens

Der Westen hätte Russlands Krieg gegen die Ukraine nach Einschätzung von Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin verhindern können. Als Russland 2014 die ukrainische Halbinsel Krim überfiel, habe man den „großen Fehler“ gemacht, gemeinsam nicht stärker zu reagieren, sagte sie am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz. „Wenn wir stärker auf die Krim reagiert hätten, dann würde der Krieg nicht stattfinden.“

Marin erklärte, Russland habe offenbar gedacht, bei der Invasion im vergangenen Jahr werde es laufen wie 2014 auf der Krim und der Krieg könne innerhalb einiger Wochen einfach und schnell gewonnen werden. „Wir müssen jetzt aus der aktuellen Situation lernen“, sagte Marin, die in einer Podiumsdiskussion mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach. „Ich glaube, die wichtigste Lehre ist, nicht naiv zu sein.“

Auch sie wolle eine Welt, die schön, gut und sicher sei und in der man kein Geld in Streitkräfte stecken müsse. Der einzige Weg zu Frieden und zur Sicherung der internationalen Ordnung sei aber, dafür zu sorgen, dass Europa und die demokratische Länder stark seien. Man brauche einen Hebel gegen autoritäre Länder wie Russland, sagte Marin. Diese müssten dazu gebracht werden, zweimal darüber nachzudenken, ob sie wirklich Gewalt gegen andere anwenden wollten. (dpa)

China kündigt Friedensinitiative an

China hat eine Friedensinitiative für ein Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine angekündigt. „Wir werden etwas vorlegen. Und zwar die chinesische Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise“, sagte Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi laut offizieller Übersetzung am Samstag auf der Sicherheitskonferenz in München. „Wir werden auf der Seite des Friedens und des Dialoges standfest stehen.“

Für eine sicherere Welt seien „die Prinzipien der UN-Charta etwas, das wir hochhalten müssen“, sagte Wang Yi. Das Chaos und die Konflikte, die die Welt im Moment schmerzen ließen, seien hervorgerufen worden, weil die Prinzipien der UN-Charta nicht aufrechterhalten worden seien.

Wang Yi rief zu einer friedlichen Konfliktlösung durch Dialog und Konsultationen auf. Probleme zwischen Ländern sollten nicht durch Druck oder unilaterale Sanktionen gelöst werden. Dies sei kontraproduktiv, „denn das führt zu endlosen Schwierigkeiten“. Dialog und Konsultationen sollten nicht nachlassen, wie hart die Spannungen auch seien. „Dem Frieden sollte doch eine Chance gewährt werden.“ (dpa)

Bisher nur Indizien für Völkermord in Ukraine

Für den Vorwurf des Völkermords beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gibt es aus Sicht des in Kiew tätigen deutschen Oberstaatsanwalts Klaus Hoffmann bisher nur einzelne Indizien. „In der Gesamtschau würde ich im Augenblick sagen, spricht jetzt noch nicht viel dafür, dass man Völkermord nachweisen kann“, sagte der 49-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Kiew. Bei einem solch „starken Vorwurf“ müsse man „sehr vorsichtig“ sein. Der Krieg dauert inzwischen fast ein Jahr. Die ukrainische Führung erhebt gegen Russland regelmäßig den Vorwurf des Völkermords und strebt die Einrichtung eines internationalen Sondertribunals an.

Als Indizien sieht der Oberstaatsanwalt Äußerungen der russischen Führung an, die der Ukraine das Existenzrecht abspricht, den Staat als künstliches Gebilde ansieht und eine Eigenständigkeit des ukrainischen Volkes verneint. Dazu gehörten auch Hinweise auf eine Umerziehung von Kindern in den von Russland besetzten Gebieten.

Das Verbrechen einer Aggression sieht Hoffmann bei dem seit 24. Februar 2022 laufenden Angriffskrieg bestätigt. „Das ist aus meiner Sicht dermaßen offensichtlich“, sagte er. Da aber sowohl Russland als auch die Ukraine nicht zu den Mitgliedsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs gehören, sei die Justiz in Den Haag nicht zuständig. „Die Kernfrage ist, ob es dazu ein Sondertribunal braucht“, sagte der Oberstaatsanwalt. Seine eigene Antwort: „Ja.“ (dpa)

Bundesamt für Strahlenschutz: Risiko für Atomunfall bleibt

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) warnt weiterhin vor der Gefahr eines Atomunfalls in der Ukraine. Das stark erhöhte Risiko eines nuklearen Unfalls mit erheblichen Folgen bestehe fort, solange der Krieg dauere, sagte BfS-Präsidentin Inge Paulini der Deutschen Presse-Agentur. „Ein Jahr nach Beginn des Angriffskrieges scheint diese Gefahr schon wieder in den Hintergrund des öffentlichen Bewusstseins zu rücken.“Unter anderem besorge sie der Risikofaktor Stromversorgung. „Der Strom ist unbedingt für den sicheren Betrieb erforderlich“, sagte Paulini. Es sei möglich, dass es durch Kampfhandlungen erneut zu Problemen bei der Stromversorgung kerntechnischer Anlagen komme.

Im Zuge der am 24. Februar 2022 begonnenen russischen Invasion war auch immer wieder das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja beschossen worden. Das Drängen auf eine Sicherheitszone rund um das Atomkraftwerk hält Paulini für richtig. Die Menschen in der Ukraine und weit darüber hinaus müssten geschützt werden, sagte die BfS-Präsidentin. Dies wurde auch von der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA gefordert. Für die Bundesrepublik wären die Folgen eines Atomunfalls in der Ukraine dem BfS zufolge jedoch gering. „Im schlimmsten Fall könnte in Deutschland eine Kontrolle von Futter- und Nahrungsmitteln erforderlich werden, gegebenenfalls auch eine Vermarktungssperre für kontaminierte Produkte“, sagte Paulini. (dpa)

USA wollen Produktion von Artilleriegeschossen steigern

Die US-Armee will mit einem fast eine Milliarde US-Dollar umfassenden Rüstungsauftrag die Produktion von Artilleriegeschossen steigern, die in großen Mengen von der Ukraine genutzt werden. Die Rüstungsunternehmen General Dynamics Ordnance & Tactical Systems und American Ordnance werden im Rahmen des 993,7 Millionen US-Dollar (rund 926 Millionen Euro) schweren Vertrags um einzelne Munitionsbestellungen konkurrieren, wie die Armee am Freitag (Ortszeit) mitteilte. Ziel sei es, zwischen 12.000 und 20.000 zusätzliche Geschosse pro Monat zu produzieren.

Erst am Dienstag hatte die US-Regierung einen 522 Millionen Dollar schweren Rüstungsauftrag an zwei Konzerne vergeben, die mit dem Geld Artilleriemunition für die ukrainische Armee produzieren sollen. Er ging an die beiden Unternehmen Northrop Grumman Systems und Global Military Products. Bei den Kämpfen in der Ukraine setzen beide Seiten Unmengen an Artilleriemunition ein. Im vergangenen November hatte ein US-Regierungsvertreter geschätzt, dass die russischen Truppen täglich rund 20.000 Schuss abgeben. Auf Seiten der ukrainischen Armee seien es 4.000 bis 7.000 Schuss pro Tag – mehr, als die westlichen Verbündeten nachliefern können. Seitdem ist die Frequenz Experten zufolge wegen des Winters und wegen fehlenden Nachschubs auf beiden Seiten gesunken. (afp)

Russische Vermögenswerte in Milliardenhöhe sanktioniert

Rund ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine sind in Deutschland russische Vermögenswerte in Höhe von 5,32 Milliarden Euro sanktioniert worden. Das berichtete die Welt am Sonntag (Samstag) unter Berufung auf Angaben des Bundesfinanzministeriums. Die Summe setzt sich demnach aus Vermögenswerten russischer „Entitäten“ zusammen, zu denen neben natürlichen Personen und Firmen auf der EU-Sanktionsliste auch die russische Zentralbank gehört. In welchem Umfang sogenannte Oligarchen in Deutschland sanktioniert sind, wollte das Ministerium dem Bericht zufolge nicht beantworten. Russland hatte am 24. Februar 2022 seinen Angriff auf die Ukraine gestartet. (dpa)

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