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33 Parteien treten am 12. Februar an, und schon diese Zahl zeigt: Das politische Spektrum endet nicht bei den sechs Parteien, die bislang im Abgeordnetenhaus sitzen. Die Berliner*innen haben viel mehr Optionen, wo sie ihre Kreuze machen können. Nur: Können sie damit etwas bewirken? Schließlich gilt es laut Umfragen derzeit als unwahrscheinlich, dass noch eine siebte Partei Vertreter*innen ins Abgeordnetenhaus schickt.
Doch „verloren“ oder „verschenkt“ sind Stimmen für die Außenseiter*innen auf keinen Fall. Vielmehr äußert sich in dieser Wortwahl eine gewisse Verachtung für das demokratische System, für das die Möglichkeit von Veränderungen eine Grundbedingung ist: Wozu sollte mensch sonst wählen?
Dass es diese Veränderungen gegeben hat, ist offensichtlich. Bis Anfang der 1980er Jahre hatte die Bundesrepublik ein sogenanntes Zweieinhalbparteiensystem aus SPD, CDU und einer FDP, die ab und an ihren Koalitionspartner wechselte. Inzwischen sind es sechs Parteien, die als etabliert gelten können: Aus dem Schwarz-Weiß-Spektrum wurde eine vielfarbiges Portfolio, weil weder SPD noch CDU verhindern konnten, dass sie Konkurrenz an ihren Rändern bekommen haben.
Für die Arbeit im Parlament ist das bisweilen schwierig, weil die Bildung von Koalition mehr Verhandlungen als früher verlangen. Aber letzten Endes bildet diese Vielfalt nur die Veränderungen in der Gesellschaft ab, die eben immer pluralistischer wird.
Wenn nun am Ende dieses Wahlkampfs vor allem die Grünen an ihre Kernklientel appellieren, auf keinen Fall für kleinere Parteien zu stimmen, etwa aus Frust über die Räumung von Lützerath, dann entbehrt das nicht einer gewissen Ironie: Es würde die Grünen schlicht nicht geben, wenn ihre Wähler*innen in den 1980ern diesen Rat befolgt hätten. Damals war das ein Zeichen, dass die bis dahin etablierten Parteien nicht mehr alle politisch relevanten Themen – in diesem Fall die Ökologie – abbildeten. Die Klimakrise und der Umgang damit könnte sich ähnlich im Parteiensystem abbilden.
In Berlin gelang es 2021 der Tierschutzpartei, mit 2,2 Prozent der Zweitstimmen zur größten der kleinen Parteien zu werden; dank eines noch besseren Ergebnisses auf Bezirksebene zog sie in vier Bezirksverordnetenversammlungen ein. Weitere gut zehn Prozent entfielen auf die anderen „sonstigen“ Parteien, die damit zusammen fast so viel Stimmen auf sich vereinigen konnten wie die Linkspartei insgesamt.
Daher ist nicht auszuschließen, dass absehbar ein oder zwei weitere Parteien eine Stammwähler*innenschaft um sich scharen können. Vor ein paar Jahren wäre es mit den Piraten fast so weit gewesen; auch sie „fischten“ unter anderen bei den Grünen. Statt eine „vernünftige“ Entscheidung der Wähler*innen einzufordern, müssen die Parteien ihre inhaltliche Defizite erkennen, beheben und so den Wähler*innen entgegenkommen – damit diese sich nicht verabschieden. Bert Schulz