Draufgänger gesucht

Bei der Ski-WM bleiben die deutschen Männer im Super-G Mittelmaß.Vermisst werden Wettkampftypen, wie sie neuerdings Kanada hat

Ordentlich, aber nicht gut: Deutschlands Bester Andreas Sander wurde Neunter Foto: Michael Kappeler/dpa

Aus Courchevel/MeribelElisabeth Schlammerl

Es sind die Kochkünste des Hoteliers im Mannschaftsquartier „Les Flocons“, die eines besonderen Lobes bedürfen. Das jedenfalls findet der Sportvorstand im Deutschen Skiverband, Wolfgang Maier. Er lässt keine Möglichkeit aus, von der Oase oben in Courchevel zu schwärmen, von den tollen Pisten und vor allem vom Essen.

Der Koch musste am Donnerstag kein Festmenü zaubern, sondern es reichte – entsprechend dem Abschneiden der deutschen Schnellfahrer im Super-G –, gewöhnliche Hausmannskost anzubieten. Nur Andreas Sander hatte sich noch ein kleines Schmankerl, ein Dessert vielleicht, verdient. Als Neunter habe er „eine ordentliche Leistung“ gezeigt, findet Maier. „Aber er hat mit seinen Möglichkeiten eine deutlich bessere Platzierung bei der Einfahrt in den Zielhang verspielt, weil er sich zu wenig dem Gelände angepasst hat.“ Sander selbst wähnt sich gut vorbereitet für die Abfahrt am Sonntag, weil er „viel Positives“ mitnehme, sagt der 33-Jährige. „Ich habe mein Set-up gefunden, komme mit dem Schnee extrem gut zurecht, und der Grundspeed ist da.“

Der Rest war zum Vergessen. Josef Ferstl schied aus, Romed Baumann wurde 27., zwei Plätze dahinter landete Simon Jocher. Der kann allerdings mildernde Umstände geltend machen, weil er erst kurz vor der WM von einer längeren Verletzungspause zurückgekehrt war. Auf höherem Niveau, aber ähnlich enttäuscht verließ der Überflieger dieser Saison den Zielraum. Der Schweizer Marco Odermatt, der vier von sechs Super-G-Rennen in dieser Saison für sich entschieden hatte und nie schlechter als Dritter gewesen war, ging mit Platz vier leer aus. Goldmedaillengewinner James Crawford hatte dagegen noch nie zuvor einen Super-G gewonnen. Der Kanadier war eine Hundertstelsekunde schneller als Aleksander Aamodt Kilde aus Norwegen. Dritter wurde der Franzose Alexis Pinturault, der bereits die Kombination gewonnen hatte.

Das Abschneiden der deutschen Mannschaft ist keine Überraschung, sondern spiegelt die bisherige Weltcup-Saison wider. Da kam auch manchmal einer durch, also unter die besten zehn, aber der nächste Schritt, den sich die alpine Sparte des DSV nach der WM in Cortina vor zwei Jahren mit jeweils Silber in Abfahrt und Super-G erhofft hatte, blieb aus. Es scheint nach den Olympischen Spielen in Peking im vergangenen Jahr und dieser Saison, als ob die Erfolge damals in den Dolomiten schon die Schlusspointe gewesen waren – statt eines Etappenziels auf dem Weg weiter nach oben.

„Uns fehlen ab und zu ein bisschen die Killer“, stellte Maier fest. Es liegt sicher einerseits an der Persönlichkeitsstruktur der Athleten, andererseits stellt sich der DSV-Sportvorstand die Frage, ob sich Typen, „die den Charakter haben, das Risiko zu verdrängen und nur fokussiert sind auf das Ergebnis“, auch ausbilden lassen. Maier verweist auf die Norweger, die ihre Talente früh in Wettkämpfen gegeneinander fahren lassen – und regelmäßig Siegfahrer in den Weltcup bringen. „Wir legen mehr Wert auf technische Ausbildung“. Womöglich müsse man da nachschärfen, gibt er zu.

Die deutsche Mannschaft, glaubt Sportvorstand Maier, könne das „Wettkampf-Gen“ noch entwickeln

Für die aktuelle Mannschaft, glaubt er, ist es aber nicht zu spät, „dieses Wettkampf-Gen“ zu entwickeln. Zumal, wenn mit Thomas Dreßen ein Athlet nach seiner Verletzung wieder in die Weltspitze vorstoßen kann, der schon bewiesen hat, die geforderten Killerqualitäten zu besitzen.

Als Vorbild könnte jene Mannschaft dienen, die sich noch vor zwei Jahren selbst ein Beispiel an den Deutschen genommen hat. Die Kanadier hatten wie einst der DSV erst wieder ein Abfahrtsteam aufbauen müssen. „Sie haben sich in einer gewissen Vehemenz in die Weltspitze gearbeitet“, findet Maier. Dabei die Deutschen überholt, vielleicht auch weil sie in Crawford einen haben, der immer weiß, worauf es ankommt. Maier stellte fest: „Er hatte heute das optimale Timing und das Risiko, das man eingehen muss, wenn man ganz vorne sein will.“