Von der Wahl ausgeschlossen

Mi­gran­t*in­nen­ver­bän­de fordern Wahlrecht für alle hier lebenden Erwachsenen – ein Drittel darf nicht wählen

Von Susanne Memarnia

Anlässlich der Wiederholungswahl am kommenden Sonntag fordern drei Berliner Dachverbände von Mi­gran­t*in­nen­or­ga­ni­sa­tio­nen das Wahlrecht für alle in Berlin lebenden Bürger*innen. „Das vor über 30 Jahren ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach nur deutsche Staats­bür­ge­r*in­nen als Staatsvolk zu verstehen sind und damit Nicht-Deutsche auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene von Wahlen auszuschließen sind, entspricht aus unserer Sicht einem veralteten Weltbild“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung von Türkischer Bund Berlin-Brandenburg, Migrationsrat Berlin und moveGlobal. EU-Bürger*innen könnten zumindest an Kommunalwahlen teilnehmen. Diese Interpretation des Grundgesetzes bilde nicht die Realität in einer globalisierten Welt ab, heutzutage sei Migration „kein Phänomen, sondern Alltag“.

Dass gut ein Drittel der erwachsenen Ber­li­ne­r*in­nen nicht an der Abgeordnetenhauswahl teilnehmen dürfen und Nicht-EU-Bür­ge­r*in­nen nicht einmal an den Wahlen der Bezirksverordnetenversammlungen, sei ein Hindernis bei „ehrlicher Teilhabe und Inklusion vieler Menschen mit Migrationsgeschichte, die zu Berlin gehören und ihre Stadt mitprägen wollen“. Es gehe um Menschen, die oft schon seit Jahren in Berlin leben, hier ihren Lebensmittelpunkt haben, Steuern zahlen und wie Deutsche – oft auch noch mehr – betroffen seien vom angespannten Wohnungsmarkt sowie hiesiger Migrations- und Bildungspolitik.

So sagt Magdalena Benavente vom Migrationsrat: „In manchen Berliner Stimmbezirken ist weit mehr als die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung vom Wahlrecht, aber auch von den Instrumenten der direkten Demokratie ausgeschlossen. Darunter sind viele Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind.“ Maimouna Quattara vom Vorstand moveGlobal ergänzt: „ Aktuelle Integrationsdebatten um Einbürgerung und Silvester zeigen, dass Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland von vielen nicht als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft anerkannt werden und sich nicht zugehörig fühlen dürfen.“ Eine Änderung des Wahlrechts könne dazu beitragen, dies zu ändern.