berliner szenen
: Besser oder schlimmer

Und woher kommst du gerade? Doch nicht aus der Schwulenkneipe, oder?“, fragt mich der junge Taxifahrer und mustert mich neugierig durch den Rückspiegel. „Wenn Du das Kumpelnest meinst, doch“, sage ich und denke an die lustigen Leute, die ich in einem Anflug nachweihnachtlicher Müdigkeit auf der Tanzfläche zurückgelassen habe, obgleich noch nicht einmal die Sonne aufgeht.

Ich denke an Omar, einen Algerier, der in Berlin nach „reifen Frauen zum Heiraten sucht“, Thomas, einen alten Herrn, der Whisky als Kamillentee bezeichnet und sich fragt, was er sich bei der Anschaffung eines Hausboots gedacht hat, Brigitte, eine Kitaleiterin, die von ihrem Mann im Schlafanzug auf die Tanzfläche entführt wurde, und die Runde Rugby-Spieler aus aller Welt und frage den Taxifahrer: „Und du? Wie läuft das Geschäft heute Nacht?“ Er gähnt: „Ist okay. Aber ich denke darüber nach umzusatteln.“

Er grinst: „Du willst mir nicht zufällig die 100.000 Euro für eine Pilotenausbildung schenken?“ Ich winke ab: „Ich weiß ja nichtmal, wie ich die Fahrt zahlen soll.“ Er dreht sich zu mir um und ruft: „Wir machen einen Deal: Du sagst mir, welche Berufe du besser und welche du schlimmer findest als deinen, und ich fahre dich für die Hälfte!“

Ich überlege eine Weile. Doch mir fallen keine Berufe ein, die mir lieber wären als Journalismus. Und auch nicht viele, die ich schlimm fände. Nur welche, für die ich mich nicht eignen würde.

„Was ist mit dir los?“, schimpft der Taxifahrer im Spaß. Ist doch einfach: „Busfahren ist schlimmer. Da kann man sich die Gäste nicht aussuchen. Putzen ist schlimmer. Aber am schlimmsten ist Klempner. Ständig eklige Rohre.“ Er überlegt: „Besser als Taxi ist Pilot. Taxi ist gut, aber 10.000 Euro im Monat sind besser.“

Eva-Lena Lörzer