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Die WahrheitEkeltanz ums Babyblut

Neues aus Neuseeland: „Pure Blood“ – reines Blut – ist zur Zeit ein perfider Auswuchs der Anti-Vaxx-Bewegung in Aotearoa.

E igentlich sollte das neue Jahr mit einem Rückblick beginnen, worauf man als Kiwi zuletzt stolz sein konnte: Zum Beispiel Jacinda Ardern, die den Chef der ACT-Partei im Parlament einen „arrogant prick“ nannte. Oder Ruby Tui von den Black Ferns, die mit ihrer Rugbymannschaft den World Cup gewann. Aber während wir noch im Siegestaumel waren, kamen uns die Reinblüter dazwischen. Jetzt schämt man sich ein wenig.

„Pure Blood“ – reines Blut – ist ein perfider Auswuchs der Anti-Vaxx-Bewegung, der an Nazi-Eugenik erinnert: Man mischt sein Blut nicht mit Geimpften. Das Phänomen gibt es überall, sogar mit Datingseiten für „Pure Blood Singles“. Doch kein Fall aus der weiten Verschwurbelungswelt hat Schlagzeilen gemacht wie zuletzt der von „Baby W“. Das arme Kiwi-Kind schlägt alle Rekorde.

Der vier Monate alte Junge sollte eine Herzoperation bekommen, für die man Blutkonserven braucht. Seine Mutter, eine Hebamme, wurde im vorigen Jahr durch die Covidbestimmungen arbeitslos. Sie und ihr Mann sind erklärte Impfgegner und bestanden darauf, dass ihr Baby nur Blut von Menschen bekommen solle, die nicht gegen Covid geimpft sind. Die Eltern befürchteten, dass ihrem herzschwachen Kind sonst Komplikationen drohten.

Moderatorin mit Messiaskomplex

Die Option, sich seine eigenen Blutspender auszuwählen, gibt es jedoch aus medizinischen und ethischen Gründen nicht. Vielleicht hätten es die Ärzte am Starship Hospital in Auckland geschafft, den Eltern ihren extremen Wunsch auszureden, wenn der Familie nicht die Jeanne d’Arc der neuseeländischen Verschwörungsszene zur Hilfe gekommen wäre: Liz Gunn, ehemalige Fernsehmoderatorin mit Messiaskomplex.

Das Krankenhausdrama in der Adventszeit wurde dank Gunn zur internationalen Shit-Show: Die Schutzpatronin der Impfrebellen trat in „InfoWars“, dem Propagandakanal von Alex Jones, mit den Eltern auf – als Hellseherin eines Heilsbringers. „Meine Liebe, das Baby ist von weißem Licht umgeben“, raunte sie der Mutter von „Baby W“ vor laufender Kamera zu. „Er ist von Engeln umgeben. Er ist in der Welt, aber nicht von dieser Welt. Eine Seelenenergie beschützt ihn.“

Die Klinikärzte verglich sie mit Josef Mengele. All die Seelenenergie und Nazi-Faselei konnte das kiwianische Christuskind jedoch nicht retten. Das Gericht beschloss, wie zum Beispiel bei Fällen der Zeugen Jehovas, den Eltern kurzfristig für den Eingriff das Sorgerecht zu entziehen. Liz Gunn hielt während der OP Gedenkwachen ab und verkündete, in die Politik zu gehen – als einzige Kandidatin der Free NZ Party.

Zwei Wähler hat sie bereits: Ein weiteres Elternpaar, das sich weigert, sein Kleinkind mit „unreinem“ Blut operieren zu lassen. Das Paar aus Motueka will für den Eingriff lieber nach Indien fliegen. Dort würde bereits ein Chirurg mit Blutkonserven auf sie warten. Es fehlen nur noch 65.000 Dollar, für die sie jetzt Spenden sammeln. Mögen die Engel diesmal helfen.

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Anke Richter
Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).
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1 Kommentar

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  • Nichts machen Rechtsextreme lieber, als Kinder zu Propagandazwecken zu missbrauchen. Was für kranke Hirne.