urdrüs wahre kolumne: Flowerpower gegen Rechts
Journalist und Kabarettist, unterschriebe jederzeit Petitionen zur Befreiung von Rosen und anderen Schnittblumen.
Gelegentlich spendiert der Heilige Geist den Gläubigen einen ordentlichen Schlag Prophetie. Ob aber Verlass darauf ist, wenn die Planer der ökumenischen Kirchennacht am 17. September in Hamburg ankündigen, allen Ernstes „mehr als 58.000 Besucher“ zu erwarten? Ist das Zahlenmystik, die bekanntlich ganz andere Wurzeln hat? Nicht vergessen: Schon wo zwei oder drei in SEINEM Namen zusammen sind, will das Jesuskind mitten unter ihnen sein!
Besoffen wie die Keiler im Fallobst lagen jetzt zwei Waidmänner auf Wildschweinjagd mit ihren geladenen Büchsen auf einer Wiese im grünen Emsland herum. Der Name des Örtchens, zu dem der Jagdbezirk gehört, klingt wie ländliche Poesie von einer besseren Welt: Lührsböckel! Wer hätte nicht Lust, dort Erntefest zu feiern – but „don’t bring your guns to party“!
Alle Jahre wieder versammelt sich der Abschaum der niedersächsischen Gesellschaft zum geselligen Sommerbiwak der Bundeswehr im hannöverschen Stadtpark – und alle Jahre wieder stürmen edelste Kräfte in berechtigter Wut gegen diese Orgie der Gedankenlosigkeit an. Jedoch sind die Kräfte da allzu ungleich verteilt – statt die offene Feldschlacht zu suchen, ist es manchmal besser, derlei Auflauf mit Nichtbeachtung zu strafen und nicht fürderhin bei Übungs-Demonstrationen von Feldjägern in Frack zur Verfügung zu stehen – das dient den Teilnehmern dieser Festivität doch einzig zur selbstgefälligen Belustigung (zumindest solange der Appetit nicht durch Buttersäure gezügelt wird)!
Mit Stolz erfüllt es eines jeden ehrbaren Bremers Herz, dass die NPD bei verschiedenen Versuchen, Propagandastände aufzubauen, von Passanten daran gehindert wurde. Und selbst auf dem Wochenmarkt am Wartburgplatz wurde einem eindeutig tätowierten Nazi-Skin trotz militanten Vordrängelns der Kauf eines Rosenstraußes verwehrt mit den Worten: „Du willst dich doch nur tarnen!“ An derlei hat durchaus nicht nur stille Freude ULRICH „Flowerpower“ REINEKING
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
