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LESERINNENBRIEFE

■ betr.: „Das grüne Dilemma“, „Wenn sie klug sind“, taz vom 1. 9. 09

Grüne Elite, linke Verlierer

Eines muss ich euch lassen, durch eure Absicht, Meinungsvielfalt auszubreiten, provoziert ihr – absichtlich? – Widerspruch und Denkanstoß. Nach der taz-Lektüre kann man sich nicht einfach seufzend über die Schlechtigkeit dieser Welt behaglich ins Polster setzen, sondern schreibt vielleicht einen Leserbrief. Wenig gut finde ich die auffallende Zahl zur Veröffentlichung gebrachter Vereinfachungen. Zum Beispiel „Das grüne Dilemma“: „Die Grünen als Elitepartei und die Linke als Partei potenzieller und realer Verlierer …“ Oder in derselben Ausgabe „Wenn sie klug sind“: „Die soziale und kulturelle Kluft zwischen dem bildungsbürgerlichen Akademiker, der Grün wählt und im Bioladen einkauft, und grauhaarigen Gewerkschaftern und Hartz-IV-Empfängern, die bei Aldi einkaufen und Linkspartei wählen …“

Sätze, die nach westdeutscher Provinz riechen und Vorurteile mit Beton mischen. Ich bin Akademikerin, helfe als Rentnerin mit Lust einer Ganztagsschule, decke mein scheuerlappengraues Haar mit Farbe ab, kaufe bei Alnatura, Lidl und Kaisers und wähle die Linkspartei. Weil ich klug bin. CLAUDIA ENGELBRECHT, Berlin

■ betr.: „Händler horten Lampen“, taz vom 1. 9. 09

Teure Lampen

Bravo! Da ist der Industrielobby in Brüssel doch wieder ein Schlag gegen Billigimporte aus Asien gelungen. Billige Glühbirnen müssen jetzt gegen teure sogenannte Energiesparlampen ausgetauscht werden. Dabei wird nur die Gebrauchsenergie gemessen, nicht die Herstellungsenergie. Und auch über die Edelmetalle, die in der Elektronik der Lampen unter anderem aus dem Kriegsgebiet Kongos stammen, wird lieber geschwiegen. Dabei ist das Funzellicht der Energiesparlampen in der Technik ja schon veraltet. In der Autoindustrie wird seit Jahren die modernere Leuchtdiode eingesetzt. Wie wäre es, Tempolimit auf Autobahnen einzuführen oder Geländewagen auf den Autobahnen zu verbieten, weil sie dafür nicht gebaut sind? Das würde viele Male mehr Energie sparen. MARK SPOELSTRA, Freinsheim

■ betr.: „Im Ganzen sauber“,taz vom 3. 9. 09

Sachliche Analyse

Die Abwrackprämie ist umweltschädlich, wenn man nicht nur kurzfristig, sondern über den Lebenszyklus der Autos denkt. Wer wegen der Prämie sein Altauto schon heute statt in zwei Jahren abwrackt, hat zwei Jahre lang ein saubereres Auto. Danach aber hat er ein schmutzigeres Auto, als er ansonsten in zwei Jahren gekauft hätte – weiterer Fortschritt bei den Emissionen vorausgesetzt. Die Prämie erzeugt einfach einen Haufen Autos Jahrgang 2009, die schon in wenigen Jahren schlecht aussehen werden, aber noch lange fahren. Da die Herstellung einen erheblichen Anteil an der Umweltbelastung hat, ist es nicht sinnvoll, Autos nur verkürzt zu nutzen. Das ist keine Frage der Ideologie, wie Hannes Koch peinlicherweise unterstellt, sondern eine Frage sachlicher Analyse. STEFAN RAHMSTORF, Potsdam

■ betr.: „Patienten nur gegen Bares“, taz vom 4. 9. 09

Als Arzt in Mithaftung genommen

Geld für Krankenhauseinweisung?Davon träume ich!Als Hausarzt erlebe ich das Gegenteil, nämlich dass ich mir die Finger wund wähle, bis ich meine Patientinnen oder Patienten untergebracht habe. Und ich ärgere mich (wie eben gerade wieder), wenn Freitagmittag eine pflegebedürftige Patientin ohne Ankündigung vor’s Haus gekippt wird und ich auf die Schnelle alle notwendigen Maßnahmen wie Pflegedienst und Medikamentenversorgung organisieren darf. Vielleicht spielt sich in einer anderen Liga etwas ab, wovon ich nichts mitbekomme – aber ich ärgere mich, für eine Sauerei in Mithaftung genommen zu werden, an der ich und die mir bekannten Kollegen vollkommen unbeteiligt sind. ERNST SOLDAN, Norderstedt

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