Championstour Boßeln in Ostfriesland: Mit dem Kloot in der Hand

Die 19-jährige Femke Wilberts aus Norden in Ostfriesland steht auf Platz 2 der Klootschießerinnen. Geld verdienen lässt sich damit denkbar schlecht.

Boßelkugel aus Gummi liegt im Gras

Boßeln vereint unterschiedliche Disziplinen mit ganz unterschiedlichen Kugeln Foto: Bodo Marks/dpa

HAMBURG taz | Was haben Norddeutschland, Irland, Italien und die Niederlande gemeinsam? Richtig, es sind die Länder, in denen geboßelt wird. Wo Leute wissen, was ein Kloot oder eine Hollandkugel ist und wo einen die Großeltern bei Wind und Wetter an einem Sonntagmittag zum Straßenboßeln zerren. Femke Wilberts wurde der Boßelsport in die Wiege gelegt oder wie sie sagt: „Das ist so ein Familiending.“ Auch als 19-Jährige ist sie nicht davon weg zu bekommen.

Aber nochmal kurz für diejenigen, die keinen Schimmer von dieser Sportart haben: Hinter „Boßeln“ verbergen sich Disziplinen wie beispielsweise Straßenboßeln, Hollandkugel werfen oder Klootschießen. Bei Letzterem handelt es sich um eine Felddisziplin, bei der mit einer mit Blei ausgegossenen Holzkugel – dem „Kloot“ – in der Hand auf eine Schanze zugelaufen wird. Beim Sprung auf die Schanze wird mittels Körperdrehung der Kloot so weit wie möglich geschleudert. In den Frauenligen wird auf die Schanze verzichtet. Der Sport vereine Bewegungen aus dem Speer- und Diskuswurf, sagt Wilberts, die auch begeisterte Leichtathletin ist.

„Ich bin da so reingewachsen“ erzählt die Sportlerin aus Norden in Ostfriesland. Ihr Vater habe sie von klein auf gecoacht, was üblich sei in der Boßelszene. Als sie gerade sechs Jahre alt war, legten sie und ihr Vater Handtücher als Markierung auf den Boden, um die sportspezifische Drehung und die Fußtechnik zu üben, erinnert sich Wilberts.

Anfangs sei es „unfassbar schwierig“ gewesen, aber es hat sich ausgezahlt. Mit ihrer bisherigen Bestleistung von 65,4 Meter hat Wilberts den zweitweitesten Wurf in der Geschichte des Frauen-Klootschießens vollbracht. Die junge Sportlerin freut sich darüber, heute neben ihren Vorbildern stehen zu können „und manchmal sogar weiter zu werfen als sie“.

Eine Frau wirft eine Boßelkugel

Hat den zweitbesten Wurf der Geschichte geschafft: Femke Wilberts Foto: Tebben-Willgrubs/Ostfriesischer Kurier

Am Samstag geht es dann wieder aufs Feld bei Norden, wenn die vierte Runde der sogenannten Championstour eingeläutet wird. Hierbei handelt es sich um einen monatlich stattfindenden Wettbewerb, bei dem neben den Ergebnissen des Klootschießens auch die Würfe der Hollandkugel gewertet werden. In dieser Disziplin werden zehn Würfe hintereinander absolviert, wobei jeweils vom Ort des Aufpralls des vorigen Wurfes geworfen wird.

Das größte Event, auf das Wilberts jetzt schon hinfiebert, ist die Europameisterschaft 2024 in Neuharlingersiel, also quasi vor ihrer Haustür. Bis dahin hat sie einiges vor: „Ich mache bald mein Abi, im Mai.“ Danach will sie, nach einem Freiwilligendienst im Ausland, ein FSJ im Krankenhaus absolvieren, um sich aufs angestrebte Medizinstudium vorzubereiten.

Geld verdienen lässt sich mit Boßelsport denkbar schlecht. Bei der EM 2022 gab es erstmalig „einen Leistungspott“, der von einer Versicherung gefüllt wurde. Alle Sportler*innen, die eine bestimmte Wurfweite erzielten, bekamen ein Preisgeld von 1.000 Euro ausgezahlt. Wilberts räumte gleich in zwei Kategorien ab. Dennoch kann ein Medizinstudium sicher nicht schaden.

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