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: „Der Kaffeepreis muss gut sein“

Ein Seminar klärt über Wege des Kaffees auf. Und darüber, wie er mit illegalisierten Drogen konkurriert

Foto: privat

Martin Mäusezahl

43, arbeitet im Hamburger Kaffeekollektiv Aroma Zapatista und trinkt gerne Kaffee.

Interview Jasper von Römer

taz: Martin Mäusezahl, was ist das Schönste an Kaffee?

Martin Mäusezahl: Das Schönste für mich sind die Begegnungen mit den Pro­du­zen­t*in­nen und die Gewissheit, dass wir ihnen einen Preis zahlen können, der ihnen und ihren Familien ein einigermaßen gutes Leben ermöglicht. Wir importieren Kaffee von Kooperativen der zapatistischen Bewegungen in Chiapas in Mexiko und von der Cencoic, eine Kooperative, die aus der indigenen Bewegung heraus in Cauca in Kolumbien Anfang der 1980er-Jahre gegründet wurde.

Was ist das Schlimmste an Kaffee?

Der kapitalistisch organisierte Weltmarkt, der dafür sorgt, dass einem Großteil der Pro­du­zen­t*in­nen die Bedingungen für eine Grundsicherheit fehlen und sie ihre Produktionskosten nicht wieder rein bekommen. Man könnte auch sagen: Die auf kolonialen Strukturen basierende Ausbeutung ist das Schlimmste.

Unter welchen Umständen wird der Kaffee im Cauca angebaut?

Es gibt ein sehr großes Problem im Cauca und auch in ganz Kolumbien, weil fast kein landwirtschaftliches Produkt ein ausreichendes Einkommen für eine Familie sichert. Die Klein­bäue­r*in­nen bekommen für ihre angebauten Produkte zu wenig Geld. Das ist ein großes Problem: Die einzigen Produkte, die wirtschaftlich genug einbringen, sind Pflanzen, die später zu illegalisierten Drogen verarbeitet werden, also Koka- und Marihuanapflanzen. Der Anbau zieht bewaffnete Gruppen an, die die selbstverwalteten Gebiete der indigenen Bewegung bekämpfen. Das führt zu vielen Toten.

Und der Kaffee?

„Wege des Kaffees“, Wochenendseminar: 16.–18. 12., inklusive Degustation im ABC Bildungs- und Tagungszentrum in Hüll (Landkreis Stade). Infos und Anmeldung unter pretix.eu/abc-huell

Mit dem Kaffeeanbau, aber auch dem von anderen Produkten wie beispielsweise Reis, versucht die indigene Bewegung, eine ökonomische Alternative aufzubauen. So soll verhindert werden, dass sich Leute für den Marihuana- oder Kokaanbau entscheiden. Dafür muss natürlich der Kaffeepreis entsprechend gut sein. Das Schwierige ist, dass sich die meisten europäischen Kun­d*in­nen an den Weltmarktpreisen für Fair-Trade-Kaffee orientieren, was meistens nicht genug ist. Es braucht mehr solidarischen Handel, bei dem nicht geschaut wird, wer am billigsten verkauft, sondern dass genug gezahlt wird, um den Pro­du­zen­t*in­nen eine wirtschaftliche Stabilität zu zusichern.

Wie steht es um die Klimabilanz des fair produzierten Kaffees aus dem Cauca?

Der Kaffee, den wir importieren und verkaufen, stammt aus kleinbäuerlichen Produktionen und nicht aus großen Plantagen. Die Produktion ist also nur wenig industrialisiert und die Klein­bäue­r*in­nen achten darauf, möglichst Bioanbau zu betreiben und den Einsatz von synthetischem Düngemittel zu vermeiden. Das größere Problem sehe ich im Transport mit Containerschiffen. Ich kann dazu aber keine Zahlen nennen. Deshalb würde ich schon sagen, dass es sinnvoll wäre, wenn Leute in Europa Getränke trinken, die aus der Region kommen und sich nur ab und zu mal einen Kaffee gönnen.