das wird: „Mit globaler Perspektive“
Das Forum „Changing Cities“ nutzt Filmkunst, um Stadt neu zu denken
Ilona Rieke
Jahrgang 1979, seit 2010 beim Filmbüro Bremen, Mitbegründerin und seit 2015 Programmleiterin des Filmfests Bremen.
Interview Wilfried Hippen
taz: Frau Rieke, was ist die Idee hinter „Changing Cities“?
Ilona Rieke: Während der Coronaphase hat die Filmemacherin Beatrix Schwehm eine Reihe von Miniportäts zum Thema Bremer Innenstadt gedreht. Als wir die zum Anlass genommen haben, mit verschiedenen Leuten über Stadtentwicklung zu reden, stellten wir fest, dass die Gespräche besser funktioniert haben, wenn sie auf die Filme bezogen waren. Bei guten Filmen gibt es gute Diskussionen.
Die Filme werden jetzt noch einmal gezeigt, aber Sie erweitern mit anderen Filmen die Perspektive …
Ja, denn wir haben gedacht, jetzt ist es an der Zeit, nicht nur auf Bremen zu schauen. Und so gibt es nun ein Programm, das verschiedene Facetten des Themas einschließt. Wir fragen, welche Konzepte gibt es in anderen Städten und Ländern, und wie kann Film solche Themen vorantreiben?
Warum beginnen Sie das Forum mit einer Vorführung des Stummfilms „Au bonheur des dames“ von 1930?
Es geht in dem Film um ein erstes großes Kaufhaus, das in Paris eröffnet wird, und die Familienbetriebe in der Nachbarschaft zerstört, also um den Beginn der Innenstadt als Einkaufszentrum. Jetzt haben wir die sich immer mehr leerenden Innenstadt. Die Entwicklung verläuft nach 100 Jahren in die Gegenrichtung.
Sie zeigen den Beginn der Ära, um ihr Ende zu diskutieren?
Genau. Das Prinzip besteht darin, dass man schaut, wo es ähnliche Umbrüche schon mal gegeben hat. Wie ist man damals damit umgegangen und kann man heute etwas daraus lernen?
Dagegen blickt „The Human Scale“ in die Zukunft der Städte …
Und er tut dies mit einer globalen Perspektive. Was passiert, wenn man den Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht das Auto? Ist es möglich, das Auto aus der Innenstadt wegzudenken? Wie schafft man lebenswerte Räume?
Forum „Changing Cities“: 9.12., Eröffnung mit „Au bonheur des dames“ (1930), Stummfilm mit Livemusik, 20 Uhr, sowie 10. 12., Workshop für Kinder, 10 Uhr, „The Human Scale“ (2012) mit Diskussion, 17.30 Uhr, und „Wie entsteht ein urbanes Wir“ (2021), 21 Uhr, Bremer Kommunalkino City 46
Sie bieten auch einen Kreativworkshop für Kinder zum Thema „Zukunftsvisionen für Städte“ an. Lernen die dabei nicht vor allem, Trickfilme zu machen?
Es wird tatsächlich ein kleiner Stop-Motion-Film gebastelt. Aber es geht vor allen darum, was die Kinder sich von der Stadt wünschen, was ihre Zukunftsvisionen sind und wie diese umgesetzt werden können. Die Kinder haben manchmal eine Freiheit in Denken, die man sich später nicht mehr erlaubt. Am Abend werden ihre Resultate vorgestellt und besprochen.
Sie haben viele Künstler*innen aus der Stadt mit eingebunden. Ist das auch eine Form von Stadtentwicklung?
Ja. Wir denken, dass Künstler*innen viel zur Gestaltung der Stadt beitragen. Der künstlerische Blick wird in der Diskussion noch viel zu wenig mitgedacht. Da kommen schöne Interaktionen zwischen Kultur und Politik zum Tragen. Darum wollen wir diesen Leuten ganz gezielt ein Forum geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen