piwik no script img

der check

Wird Erben teurer?

Der „Münchner Merkur“ schreibt am 17. 11.: „Immobilien: Erben wird nächstes Jahr drastisch teurer – München besonders betroffen“

Richtig ist:

Im Oktober 2022 hat der Bundestag einen Gesetzesentwurf für eine Anpassung des deutschen Steuerrechts eingebracht. Das Jahressteuergesetz (JStG) 2022 umfasst Änderungen verschiedener Bereiche. Unter anderem verschärft sich die steuerliche Berechnungsgrundlage für Immobilien. Da in den vergangenen Jahren der Immobilienwert besonders in Städten deutlich gestiegen ist, erhöht sich nun der sogenannte Sachwertfaktor. Zusätzlich sollen ab 2023 weitere Faktoren zur Berechnung hinzugezogen werden. Zum Beispiel fällt die Lage der Immobilien stärker ins Gewicht. Damit können vererbte oder verschenkte Immobilien zukünftig mit höheren Steuerabgaben belegt werden. Die Süddeutsche Zeitung zitiert Notare, die bis zum Jahresende ausgebucht sind, weil Eigentümer vor dem Jahreswechsel noch schnell ein Haus auf ihre Kinder umschreiben wollen.

Doch wird es so viel teurer für Erb:innen? Zunächst ist der gestiegene Wert einer geerbten Immobilie kein Grund für Trübsal. Zwar wurden die Freibeträge von 400.000 Euro pro Kind im JStG 2022 nicht nach oben angepasst. Doch besonders bei mehreren Er­b:in­nen müsste es sich um durchaus teure Objekte handeln, damit diese richtig tief in die Tasche greifen müssen. Eine große Ungerechtigkeit liegt also weniger darin, dass der steuerliche Wert einer Immobilie ihrem tatsächlichen Sachwert angepasst wird. Vielmehr ist das grundlegende Problem die Weitergabe von Millionenbeträgen über Generationen fast ohne steuerliche Abgabe. Was bleibt: Einfach direkt in das geerbte Objekt einziehen und dort für zehn Jahre wohnen. Dann wird keine Steuer fällig. Berühmt für ihre sozial gerechte Steuerpolitik war die Ampelregierung bisher eigentlich nicht. Umso erstaunlicher, dass jetzt eine Steuerreform aus dem Ministerium von Christian Lindner die Erbschaftssteuer ernst nimmt. Mit der Umverteilung muss man irgendwo beginnen. Warum nicht in München?

Jakob Guttenbacher

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen